Hilfe zu suchen und anzunehmen ist gar nicht so einfach. Je schlechter es einem geht, umso weniger Kraft hat man, Hilfe zu suchen und umso schwieriger kann es sein, auf die eigenen Probleme hinzuweisen. Viele können gar nicht in Worte fassen, was sie empfinden und wenden sich mit allerlei körperlichen Beschwerden an ihren Hausarzt. Wer in einer psychisch schlechten Verfassung ist, hat zudem oft ganz besonders große Angst davor, sich von einem Therapeuten abhängig zu machen. Oft sind es auch Schamgefühle, die es Menschen in Not so schwer machen, Hilfe zu suchen. Wer reich erscheint, aber kein Geld mehr hat, kann das kaum zugeben. Wer sexuell missbraucht wird oder selbst andere missbraucht hat, schämt sich meistens zutiefst. Auch Alkoholprobleme oder Erfahrungen mit körperlicher Gewalt als Opfer oder Täter führen zu so großer Scham, dass der Schritt zur Hilfesuche unmöglich erscheint. Weiterlesen
„Als Alleinerziehende kann ich niemals wohlhalbend werden.“ – „Als Kind aus der unteren Mittelschicht kann ich niemals einen ‚Oberschichtenberuf‘ ergreifen.“ – „Als Flüchtling kann ich nur auf die Hauptschule gehen.“ Viele Menschen machen diese Erfahrungen. Viele Studien geben diesen Glaubenssätzen recht (siehe Untersuchungen des Soziologen Michael Hartmann). Und doch gibt es immer wieder Menschen, die zeigen, dass es anders geht. Was sie immer wieder brauchen, ist ein guter Mensch an ihren Weggabelungen. Sie müssen viel Zeit damit verbringen, gute Menschen zu finden.
WeiterlesenManchmal probiert man, eine alte Gewohnheit direkt durch eine neue zu ersetzen. Man will mehr Gemüse, dafür nichts Süßes mehr essen, mehr Sport treiben und weniger fernsehen. Doch eine neue Gewohnheit will langsam eingeführt werden. Beispiel „Diät“: Hier ist es gut, zunächst die alten Essgewohnheiten beizubehalten und parallel mit etwas Neuem zu beginnen.
Das Alte beibehalten
Wer viel Schokolade isst und davon wegkommen möchte, kann sich angewöhnen, nach der Schokolade eine Portion Mandeln zu essen. Hin und wieder kann man auch Mandeln statt der Schokolade essen – sie machen satt und befriedigen. Irgendwann werden die Mandeln so zur Gewohnheit, dass man immer öfter statt zur Schokolade auch nach ihnen greifen kann. So kann die Veränderung auch bei anderen Dingen gelingen: indem man Neues zunächst parallel laufen lässt und Altes langsam vermindert.
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Wir haben uns angewöhnt, alles zu hinterfragen, alles kritisch zu betrachten und Distanz zu den Dingen zu haben. Wir wollen verhindern, dass wir versehentlich etwas Sinnloses tun oder etwas, was uns unbemerkt schadet. Doch dieses ständige Abstand-Nehmen hat auch Nachteile. Das Gefühl von Sinn ergibt sich nur in der Beziehung, also in einer Form des Eingebundenseins. Es macht Sinn, dass die Sonne scheint, wenn es ein Blümchen gibt, das die Sonnenstrahlen auffängt und davon leben will. Wenn wir uns wieder einlassen können auf Rituale, sind wir eingebunden. Der Rücken wird gestärkt. Wir feiern Advent, weil es immer schon so war. Wir zünden die Kerzen an und essen Plätzchen.Weiterlesen
Als Kind ist es ein schöner Traum. Wie von Geisterhand erschaffen, kommt nachts der Nikolaus. Er macht alles heimelig. Das Kind stellt sich vor, dass es sich zusammen mit Mutter und Vater über den Besuch des Nikolauses freut. Alles wurde wie von selbst an diesem Morgen gemacht. Es ist, als hätte ein anderer gut für die Familie gesorgt. Matt und müde stehen die Eltern mit tiefen Augenringen daneben.
Viele Menschen fürchten sich in diesen Tagen vor Ebola. Besonders betroffen sind Menschen mit einer Angststörung oder hypochondrischen Störung. Psychisches Leid hängst oft mit dem Thema „Grenze“ zusammen. Innerlich wie äußerlich können sich Menschen mit psychischen Beschwerden oft nur schwer abgrenzen. Ihre gefühlte Grenze ist sehr oft unsicher. Gerade, wenn die Betroffenen übergriffige Eltern hatten, die persönliche Grenzen kaum respektierten, stellt sich ein „löchriges“ oder „dünnhäutiges“ Lebensgefühl ein. Wenn dann Gefahren in der Umwelt lauern, wie z.B. eine Ebola-Epidemie, steigen die Ängste ins Unermessliche – auch, wenn das Virus noch weit weg ist. Wie lässt sich mit der Ebola-Angst leben? Weiterlesen
Wenn Du eine Psychotherapie machst, merkst Du vielleicht, wie wichtig Dir die Stunden sind. Fällt eine Sitzung aus, ist es für Dich schwer auszuhalten. Es ist Dir wichtig, dass Dein Therapeut für Dich anwesend ist. Vielleicht fühlst Du Dich auch in anderen Beziehungen sehr auf den anderen angewiesen. Wenn Deine nächste Bezugsperson weg ist, kommst Du vielleicht in psychische Not. Oder aber Du gehörst zu den Menschen, die sich alleine am wohlsten fühlen. Sobald Du Dich in einer engeren Beziehung wiederfindest, geht es Dir schlecht. Du kannst dann fast nicht mehr nachdenken, weil Du Dich in Deiner Beziehung so gefangen und bedroht fühlst. Manchmal meinst Du vielleicht, Du könntest weder allein noch mit anderen zusammen sein. Hier merkst Du, wie sehr Dein psychisches Befinden von Beziehungen abhängt.
Besonders bei Angststörungen spielt „der Andere“ eine wichtige Rolle. Während einer Angstattacke wünschst Du Dir vielleicht, dass Du zu jemandem gehen könntest, der Dich beruhigt. Aber wenn der andere dann da ist, fühlst Du Dich vielleicht immer noch beunruhigt oder sogar noch beunruhigter. Dann geht es Dir ähnlich wie einem Kind mit einer unsicheren, ambivalenten Bindung zur Mutter.
Vielleicht hast Du kaum eine Vorstellung davon, dass Du mit einem anderen zusammen sein und Dich dennoch frei fühlen kannst. Es wäre so schön, wenn Du Dich einem anderen Menschen nahe fühlen könntest, ohne Dich eingeengt zu fühlen. Und wenn Dein wichtigster Mensch einmal weg ist, fühlst Du Dich nicht fallengelassen oder hoffnungslos allein, sondern gedanklich und emotional weiterhin mit ihm verbunden. Schon allein diese Vorstellung ist oft schwierig und gleichzeitig ist sie ein denkbares Ziel.
Unser ganzes Leben wird von Beziehungen bestimmt. Wegweisend ist die frühe Beziehung zu Mutter, Vater und Geschwistern. Psychische Störungen sind meistens die Folge von misslungenen frühen Beziehungen. Auch die Beziehung, die Du zu Dir selbst hast, hat sich unter anderem aus Deinen Beziehungen zu Deinen Eltern, Geschwistern und Lehrern entwickelt. Beziehungsabbrüche, die Abwesenheit eines bedeutsamen Anderen und Einsamkeit zählen zu den größten psychischen Schmerzen. Sehr negative Beziehungserfahrungen können auch zu einem Mangel an Lebensfreude führen. Helfen kann eine neue Beziehung, z.B. auch die Beziehung zu einem Therapeuten. Wer sich tiefgreifende Veränderungen in seinem Leben wünscht, erreicht diese oft am besten durch eine Psychoanalyse. Dort kann man neue Beziehungserfahrungen machen – dadurch, dass der Andere Dich in einer verstehenden Weise anguckt, kannst Du Dich auch selbst verändern, sodass es Dir immer leichter möglich wird, Dich emotional berühren zu lassen, Dich für andere zu interessieren, Deine Emotionen selbst zu regulieren und Freude an der Beziehung zu haben.
Sobald es Dir gelingt, in Anwesenheit des anderen allein sein zu können, also „bei Dir“ zu bleiben, gehen Deine psychischen Beschwerden wahrscheinlich zurück.
Die wohltuende Nähe zu anderen Menschen kann Dir dann immer öfter möglich werden – das wiederum bringt die Lebensfreude zurück. „Infolge der neuen, besseren Erfahrungen gehen die psychischen Beschwerden zurück und wohltuende Nähe zu anderen Menschen wird immer öfter möglich. „Mein größtes Geschenk ist es, dass ich es genießen kann, mit anderen Menschen zusammen zu sein.“ So ähnlich sagt es eine ehemalige Patientin, die in einer langen Psychoanalyse von ihrer Schizophrenie gesundete (Take these Broken Wings, Youtube).
„Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust“, sagen wir manchmal. Wir können uns nicht entscheiden zwischen dem ein oder anderen. „Mach dir doch eine Liste“, sagen manche und vergessen dabei, dass einzelne Punkte der Liste ein eigenes Gewicht an Gefühl haben. Oft bestehen die zwei Stimmen aus Gefühl und Verstand. Oder aus dem, was wir selbst denken und dem, was in unserer Vorstellung jemand anders, z.B. die Mutter, denken würde. Es kommt darauf an, für welche Stimme wir uns entscheiden. 51% pro oder kontra reichen für eine Entscheidung. Weiterlesen
Natürlich gibt es sie: scheinbar „geheime Kräfte“, die uns bei unseren Vorhaben immer wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Oft sind es unbewusste Erwartungen, Wünsche oder Phantasien, die verhindern, dass wir unser Ziel erreichen. Da fällt ein Student immer wieder durch die Prüfung, auf die er sich gut vorbereitet hat, weil er insgeheim den Neid des unstudierten Vaters fürchtet. Der Student weiß: „Ich werde sowieso wieder durch die Prüfung fallen.“ Er fällt aber nicht durch, weil er es sich so sagt, sondern weil er Ängste hat, von denen er nichts weiß und die vielleicht erst in einer psychoanalytischen Therapie verstanden werden können. Die „Selffulfilling Prophecy“ wird jedoch oft missverstanden, weil mit bewussten Vorgängen argumentiert wird.
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