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Keine Angst vor der Wahrheit mehr

Bild Nr. 668 Wahrheitsangst von Dunja Voos: Auf dem gemalten Bild liegt ein Mädchen und schaut wie Narziss in einen Teich, wo es sich selbst sieht.

Im Anfang war der Widerstand. Wenn ich merkte, ich war einsam, rachsüchtig, zerstört und zerstörerisch, sagte ich mir: „Das kann nicht sein!“ Wenn ich merkte, ich hatte jemandem geschadet, wies ich es wütend von mir. Hilflosigkeit zu bemerken, Schuldgefühle auszuhalten und ein böses Ich zu fühlen, war einfach zu schwer. Die Angst dahinter: Die Wahrheit schadet mir. Ich werde ausgestoßen. Ich halte den Schmerz nicht aus. Eines Tages war es anders. Ich nahm einen Schluck Wahrheit und merkte, wie sie sich innerlich ausbreitete. Weiterlesen

Nähe-Allergie

Dieses Gebäude ruft alle Schrecken in mir wieder wach. Der Dunst schlägt mir schon am Eingang entgegen. Im Gebäude der sogenannten Liebe, der Beziehung, der Familie, der Ausbildung, der „festen Stelle“ ist es sehr dunkel. Und stickig. Es riecht sehr schlecht. „Reiß‘ Dich zusammen und geh da rein; heute ist es ganz anders!“, sagt eine Stimme in mir. Ich fühle das Schweigen, die unbarmherzige Mauer, das Festgehalten-, Alleingelassen- und Ausgestoßen-Werden. Überall diese Hände. Diese Blicke. Das Gequält- und Gezwungenwerden ist so nah. Ich will da nicht rein. Weiterlesen

Die Scham ist stärker als ich

Die Scham ist stärker als ich. Mein Wille ist kleiner als sie. Meine Wünsche wachsen, doch die Scham wächst mit. Und so ist die Scham-Mauer immer höher, als ich es selber bin. Ich kann noch nicht einmal darüber schauen. Die Scham zwingt mich dazu, in einem Gef...

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Ich will das nicht so.

Achtung! Ich werde gleich einen Annäherungsversuch starten. Ich habe dich schon im Blick. Im Visier. Ich weiß, dass du mir nicht geben wirst, was ich brauche. Ich habe diese Erfahrung abertausende Male gemacht. Ich werde 100 Arten haben, dich zu fragen? doc...

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Das Eigenleben der Seele, das Eigenleben des Körpers

Ich liege im Gras. Mein Körper ist angenehm warm. Irgendwo da oben im verlängerten Rückenmark wird meine Temperatur für mich reguliert. Der Atem geht von selbst. Millionen Darm-Bakterien sorgen fürs Gleichgewicht. Kommt ein Virus, macht der Körper, was er will. Ich höre meinen Puls. Es ist schön, dass ich mich nicht um alles kümmern muss. Ich kann mit meinen Gedanken spazieren gehen und der Körper lebt von selbst. Auch die Seele lebt. Vieles kann ich steuern. Doch nachts, da träume ich. Weiterlesen

Angststörung: Die Psyche macht das einfach so

Der Blick wird eng, die Atmung flach, der Kopf schwebt, das Herz drückt. Die Beine werden schwach, die anderen gucken doof. Überall nur leere, verständnislose Gesichter. Kein Ausweg. Gefangen in der Unendlichkeit – räumlich und zeitlich. Wo der Nervus vagus lang läuft, kann ich jetzt genau sagen. Im Bauch wirds flüssig. Ich will nur noch rennen. Was war denn nun schon wieder passiert? Meine Psyche macht das einfach so. Ohne mich zu fragen. Lange kann das so sein. Ich krame in meinem Verstand, reflektiere, versuche, es zu beschreiben, mit meinen Gedanken auf meine Gefühle einzuwirken. Nichts. Funkstille. Zwischen mir und mir. Kein Kontakt zu irgendjemandem. Abgrundtiefe Einsamkeit. Weiterlesen

Zerstörung ist eine sichere Sache

Ich habe alles versucht: Ich war freundlich, ehrlich, ich habe mich gut vorbereitet. Ich habe Kuchen mitgebracht, mich angepasst, mich mit meinen Aggressionen und manchmal sogar schlicht mit meiner Meinung zurückgehalten. Doch ich habe auch versucht, mich zu zeigen, über Konflikte zu sprechen, der Auseinanderstzung nicht aus dem Weg zu gehen. Ich war fleißig. Engagiert. Mein Ziel war eine gute Beziehung. Aber ich bin abhängig vom anderen. Wenn ich dem anderen freundlich gesinnt bin, ist es der andere dann auch? Wenn ich gut gestimmt bin, ist es der andere auch? Wenn ich mit dem anderen eine schöne Zeit verbringen will, will der andere es dann auch? Es ist scheinbar Glücksache. Und anscheinend habe ich mehrheitlich Pech. Weiterlesen

Mainstream

Krippe viel zu früh, Ergo-, Sprachtherapie, Zahnspange, Weisheitszähne-Ziehen, Wurzelbehandlungen, Implantate. Standardgeburten mit PDA, Antidepressiva, Betablocker, Vorsorgeuntersuchungen am laufenden Band, bald Zahn-, Knie- und Hüftimplantate, Stents, Herzsc...

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Immer im Dienst

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Die Augenlider so heiß. Das Fieber, es will nicht sinken. Jeder Knochen schmerzt. Schwer wiegen die Geldsorgen. Noch einmal den Gang zur Toilette wagen. Am besten das Handy mitnehmen – man weiß nie, ob nicht die Beine versagen. Der Weg zurück ins Bett ist geschafft. Gegen vier kommt der Schlaf aus der Ferne. Wie ein wohltuender Schleier legt er sich über den Körper. Erst zaghaft, dann sicher und fest. Und wie durch einen fernen Nebel erklingen zwei Silben: „Ma-ma.“ Das Kind, es ist erkältet und braucht etwas zu trinken. Immer im Dienst. Immer im Dienst. (Text & Bild: © Dunja Voos) Weiterlesen

Frontalunterricht

Der Vater hat zu viel getrunken, die Mutter schreit und weint. Das Kind versteht die Welt nicht mehr. Es geht in die Schule – es besucht die 3. oder 4. Klasse. Die aufgeräumte Lehrerin kommt herein und bringt frische Luft mit. Sie ist so hübsch. Die Locken schmiegen sich um ihr Gesicht und sie trägt eine helle Bluse. Sie spricht ganz ruhig. Sie stellt ihre schöne Ledertasche auf den Tisch – was da wohl alles drin sein mag? Sie erzählt und erzählt. Sie bringt Wissen in den Kopf des Kindes. Fraulich, freundlich, lehrerhaft, erfrischend, sanft.Weiterlesen