Das Kind, es fordert die Mama auf. Es interessiert sich fürs Smartphone. Es zieht am Telefonkabel. Es unterbricht die Lehrerin. Wir unterstellen ihm etwas Böses: Es stört. Es muss lernen, dass es nicht alles haben kann. Es muss verstehen, dass das Leben kein Wunschkonzert ist. Es muss einsehen, dass sinnlose Hausaufgaben gemacht werden müssen. Komisch: Bei Hunden ist es allgemein bekannt. Bei Kindern nicht: Sie wollen doch nur spielen. (Text: Dunja Voos, Bild: Julia)
Die Macht der Eltern dient den Kindern meistens als Schutz: Die Eltern sind weiser, größer und stärker als die Kinder. Doch wie leicht kann diese Macht missbraucht werden. Zu groß ist die Versuchung, ein Kind einfach hochzuheben und es in sein Zimmer zu sperren, wenn wir als Eltern wütend sind. Wie leicht ist es, ein Kind anzuschreien und es damit einzuschüchtern. Für uns Eltern ist das zunächst eine schnelle Entlastung. Doch dann folgt das schlechte Gewissen. Kinder sind uns Erwachsenen ausgeliefert. Sie sind abhängig von uns. Wenn wir sie anschreien, wegsperren, irgendwo hinzerren oder sie gar schlagen, dann ist das für das Kind eine Katastrophe. Nach unserem Wutausbruch ist das Kind zutiefst verletzt und verunsichert. Mag sein, dass es nach der Auseinandersetzung „zu sich gekommen“ ist. In Wirklichkeit ist es aber nur vordergründig brav – es benimmt sich gut, um die Eltern nicht erneut zu überfordern und um Strafe zu vermeiden. Es will sich nicht wieder so ohnmächtig fühlen, daher benimmt es sich aus Angst.
Es ist immens wichtig, dass sich Eltern bewusst sind, wieviel stärker sie im Vergleich zu ihren Kindern sind. Kinder „gehorchen“, wenn Eltern eine vertrauensvolle Bindung zu ihnen aufbauen. Sie respektieren ihre Grenzen, wenn ihre eigenen Grenzen respektiert werden.
Wenn wir als Eltern wütend sind, dann ist es unsere Aufgabe, uns zu kontrollieren und nicht die ganze Dosis am Kind auszulassen. Es reichen oft schon eine deutliche Mimik und Worte wie: „Ich bin sauer, weil Du Dein Spielzeug hier rumliegen lässt. Mich stört das und ich möchte Dich bitten, es wegzuräumen.“ Häufig müssen wir als Eltern wiederholt unsere Grenzen aufzeigen, bis das Kind sie verinnerlicht hat.
Wir sollten – wenn möglich – unverständliche Wünsche des Kindes nicht als lächerlich abtun. Beispielsweise können kleine Kinder so etwas sagen wie: „Ich möchte nicht, dass Du dasselbe Eis isst wie ich.“ So etwas erscheint uns Erwachsenen oft kindisch. Aber es ist die Art des Kindes zu sagen: „Hier möchte ich anders sein als Du.“ Wenn wir gut gelaunt sind und dann tatsächlich ein anderes Eis bestellen, macht das Kind die Erfahrung, wie schön es sich anfühlt, ernstgenommen zu werden. Später, wenn das Kind sich mit fünf oder sechs Jahren gut in andere hineinversetzen kann, dann möchte es bei einer guten Bindung ebenfalls, dass wir als Eltern dieses schöne Gefühl des Ernstgenommenwerdens spüren. Das heißt: Das Kind tut das, worum wir es bitten. Vieles von dem, was wir in der Kleinkindzeit wiederholt machen, trägt erst Früchte, wenn die Kinder älter sind. Wir brauchen Geduld.
Dieser Beitrag wurde erstmals am 10.12.2012 veröffentlicht.
Aktualisiert am 22.3.2024
Alle paar Wochen wacht Lena frühmorgens mit Erbrechen auf. Viele Stunden verbringt sie am Waschbecken. Nach zwei Tagen ist der Spuk vorbei. „Zyklisches (also immer wiederkehrendes) Erbrechen“ (Cyclic vomiting syndrome, CVS) nennen die Kinderärzte es, wenn keine handfesten Ursachen dafür gefunden werden können. Auf den ersten Blick lassen sich keine psychosomatischen Zusammenhänge feststellen. Doch hier ist genaues Beobachten gefragt: Viele Kinder erbrechen dann, wenn sie zu oft alleingelassen wurden, zu sehr Mutter und/oder Vater vermissten oder mit einem großen Kummer ins Bett gegangen sind.
Wenn man hier genau beobachtet, kann man herausfinden, wodurch die Phasen des Erbrechens getriggert (leicht ausgelöst) werden. Das braucht sehr viel Geduld. Obwohl es das zyklische Erbrechen auch bei Erwachsenen gibt, ist es eine typische Erkrankung des Kindes, die oft mit der Migräne des Erwachsenen verglichen wird. Etwa 2% der Kinder sind betroffen (Abu-Arafeh, Ishaq & Russell, George, 1995). Schlaf und viel Ruhe lindern die Beschwerden und fördern die Erholung.
„Ohne Medikamente kommen wir gar nicht mehr aus – meine Kleine will einfach nicht groß machen“, klagt die Mutter beim Kinderarzt. Verstopfung (lateinisch: Obstipation) ist bei vielen Kleinkindern ein Problem. Das unerkannte Problem liegt häufig in einer missglückten Kommunikation zwischen Mutter und Kind und in dem Stress, den viele Mütter heute haben. Die Lösung des Problems lautet häufig: Auf die Kommunikation achten und warten.
Wie sieht mein Kind aus, wenn es „muss“?
Achten Sie darauf, wie Ihr Kind aussieht, wenn es muss. Es wird wahrscheinlich unruhig werden und im Kinderwagen mit den Beinen zappeln. Oder aber es ist im Spiel vertieft und genießt es, in Ruhe sein Geschäft in die Windel zu machen. Wichtig ist: Das Kind sollte sofort machen können, wenn es muss und es sollte nicht unterbrochen werden.
Im Spielwarenladen oder Baumarkt: Regale sind perfekte Verstecke
Häufig sieht man auch schon bei den Kleinsten, dass sie alleine sein wollen wenn sie ihr Geschäft machen. Wenn Sie mit Ihrem Kind in einem Laden sind und es versteckt sich hinter einem Regal, so können Sie häufig davon ausgehen, dass es muss. Lassen Sie es in Ruhe in die Windeln machen. Warten Sie hinter dem Regal, gehen Sie nicht hin.
Die Sprache der Kinder verstehen
„Lukas, komm da sofort aus der Ecke raus. Lukas! Hast Du nicht gehört! Da ist es matschig, da hast Du nichts zu suchen!“, ruft der Vater. Ich habe Lukas vorher beobachtet. Er bewegte sich eindeutig so, als wolle er sein Geschäft verrichten. „Lass ihn bitte kurz – ich glaube, er möchte hinter dem Gartenhäuschen einmal in die Windel machen“, sagte ich. Und so war es. Wenige Momente später kam Lukas mit einem Lächeln und voller Windel hinter dem Gartenhäuschen wieder hervor.
Hekitk verringert das Gespür für sich selbst und das Kind
Verstopfungen entstehen häufig dadurch, dass Eltern in unglaublicher Hektik leben und dadurch nicht darauf achten können, wie ihr Kind sich verhält, wenn es muss. Doch es zeigt eindeutige Zeichen. Dann will es seine Ruhe und es will in der Regel alleingelassen werden. Selbst, wenn man dadurch zum nächsten Termin zu spät kommt: Geben Sie Ihrem Kind die Zeit. Wenn es sofort machen kann und Ruhe hat, ist das die beste Vorbeugung gegen Verstopfung.
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Als ich gerade meine Tochter „wegorganisiert“ hatte, um zur Supervision zu fahren, hörte ich im Autoradio eine Sendung auf WDR 5, in der es hieß, Eltern machten sich den Stress selbst („Gestresste Eltern – Elternstress ist hausgemacht“). Ich habe mich im Auto schrecklich aufgeregt. Seit ich denken kann, empfinde ich meinen persönlichen Eltern-Stress als vollkommen „System-gemacht“. Als Helikopter-Mutter treffe ich mich morgens am Bus mit anderen Helikopter-Müttern. Und auch sie beklagen sich: Der systemische Stress ist enorm.
Bereits in der Schwangerschaft hat die Mutter Stress damit, sich dem medizinischen Stress zu entziehen. Wildgewordene Gynäkologen rennen ihr mit dem Ultraschallgerät hinterher, messen Nackenfalten, Blutdruck, Zucker und Gewicht. Kaum ist das Baby auf der Welt, muss die Mutter vor den Kinderärzten flüchten, die dem Kind die Vojta-Therapie verschreiben wollen, weil es „eine Seite bevorzugt“. Will die Mutter nicht impfen, wird sie geächtet.
Dann muss das Kind schlafen lernen, es muss sich bis zu einem gewissen Alter drehen können, es muss pünktlich den Kopf heben können und vieles mehr. Und wer sagt das? Ursprünglich eher selten die Mütter – sie versuchen vielmehr, sich gegenseitig zu beruhigen. „Das wird schon“ ist ein Satz, nach dem sich die Mütter sehnen. Doch die nächsten Checklisten stehen schon an. Sagt das Kind mit fünf Jahren noch „Pinzessin“ und „Schüssel“ statt „Prinzessin“ und „Schlüssel“, kann man mit einer Sprachtherapie rechnen. Wenn’s nicht der Kinderarzt vorschlägt, dann mit Sicherheit die Erzieherin. Was schließlich das „Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ)“ sagt, löst mitunter ganze Ehekrisen aus.
Die Einschulung naht. Hier werden dem Kind Übungen abverlangt, die oft sogar einem Erwachsenen schwerfallen. Die Kinder werden früher eingeschult als früher. Angeblich wird das jüngere Alter berücksichtigt. Doch im Schulalltag ist davon kaum etwas zu merken. Angeblich gibt es kaum noch Hausaufgaben. Doch als „Lernzeit“ verkappt kommen sie daher – und nur das Kind gewinnt, dessen Eltern sich nachmittags mit ihm hinsetzen und die Hausaufgaben machen.
Es sind viele Kleinigkeiten, die das Leben der Eltern heute schwermachen. Früher jedenfalls mussten Mütter ihren Kindern nicht mit dem Fahrradhelm hinterherrennen, um die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten. Zahnspangen sind die Norm – ebenso wie Physiotherapie bei den kleinsten Fehlhaltungen. Wo bleibt die Entfaltung? Meiner Erfahrung nach empfinden viele Eltern so: Sie sind entspannt und dann kommt ein Lehrer, ein Erzieher, ein Kinderarzt daher und die Entspannung ist hin.
Dieser Beitrag wurde erstmals verfasst am 25.1.2015
Es ist schwer, sich in seiner Haut wohlzufühlen, wenn sie rot, gereizt und schuppig ist. Wer an Neurodermitis leidet, der begibt sich meist auf eine lange Suche nach Linderung. Neurodermitis wird auch als endogenes oder atopisches Ekzem bezeichnet. Sowohl die Oberhaut als auch die darunterliegende Lederhaut sind von der Entzündung betroffen, die sich durch starken Juckreiz auszeichnet. Die genauen Ursachen sind unbekannt, doch es sind viele Faktoren beteiligt. Nach der Umwelthypothese tragen Umweltfaktoren wie Autoabgase oder Innenraumschadstoffe zur Neurodermitis bei. Gemäß dieser Hypothese richtet sich so manch geplagte Familie zu Hause ein. Manche Kinderzimmer sind dann so kuschelig wie ein gekacheltes Bad: Es fehlen Kuscheltiere, Kissen und Teppiche.
Das Beseitigen von Hausstaubmilben oder die Entfernung von Haustieren, die bereits vor der Geburt des Kindes in der Wohnung lebten, führt Studien zufolge auch bei Risikokindern nicht zu einer Verminderung des Auftretens von Allergien und Neurodermitis. (Quelle folgt)
Frau Professor Erika von Mutius von der Haunerschen Universitätsklinik München konnte in ihrer Studie feststellen, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, deutlich seltener an Allergien leiden als Stadtkinder. Ausschlaggebend ist der Kontakt zu Stalltieren und das Trinken von Rohmilch anstelle von pasteurisierter Milch. Die Kinder müssen jedoch von Anfang an Rohmilch gewohnt sein. Wollte man Stadtkindern von jetzt auf gleich Rohmilch verordnen, würde man ihnen eher schaden.
Ekzeme finden sich in den alten Bundesländern häufiger als in den neuen, doch seit die Mauer gefallen ist, steigt die Zahl der Neurodermitiker in den neuen Ländern stetig an. Neben der Zunahme an Umweltschadstoffen sind auch die Abnahme von Infektionskrankheiten und die Zunahme von Stress als Ursache in der Diskussion. So besagt die Infektionshypothese, dass dort, wo besonders viele Infektionskrankheiten vorkommen, nur wenig Allergien auftreten. Kinder, die viele Geschwister haben, erkranken seltener an Allergien als Kinder mit weniger sozialen Kontakten. Hierzu passt auch die Sozialstatushypothese, die besagt, dass Ekzeme häufig in Familien mit höherem sozialen Status zu finden sind.
Die Gene spielen eine Rolle bei der Neigung (Disposition), eine Neurodermitis oder Allergie zu entwickeln. Diese Neigung ist angeboren. Ob aber die Erkrankung zum Ausbruch kommt, hängt von vielen Umständen ab. Wenn gesunde Eltern ein Kind bekommen, kann das Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 5–15% eine Allergie entwickeln. Ist ein Elternteil erkrankt, so beträgt das Risiko 20–40%, bei zwei erkrankten Eltern steigt es auf 60% an.
Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan. Mit ihr grenzen wir uns ab und nehmen gleichzeitig Kontakt zu anderen auf. Der Tastsinn ermöglicht über die Mechanorezeptoren die Empfindung von Druck und Berührung. Der Temperatursinn warnt uns vor zu heißer oder zu kalter Umgebung, der Schmerzsinn bewahrt uns durch seine Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) vor Verletzungen. Die meisten Rezeptoren in der Haut sind Schmerzrezeptoren.
Die Haut setzt sich zusammen aus der Oberhaut mit der Hornschicht, der Lederhaut, die sämtliche Rezeptoren enthält und der Unterhaut, die mit ihren Fettzellen das Wasser speichert. Permanent geben Schweiß-, Duft- und Talgdrüsen aus der Lederhaut Sekrete ab, die die Haut befeuchten, schützen und Signale senden. Sind wir angespannt oder können wir jemanden „nicht riechen“, so kann der Schweiß innerhalb weniger Sekunden scheußliche Geruchsnoten annehmen.
Bei Neurodermitis ist das Immunsystem aus dem Gleichgewicht geraten. Sogenannte T-Suppressorzellen sind fehlgesteuert. Sie sorgen normalerweise dafür, dass überschießende Entzündungsreaktionen gestoppt werden. Sind diese Zellen nicht aktiv, so können Entzündungen ihren freien Lauf nehmen.
Bei einer Allergie schwimmen viele Antikörper, sogenannte „Immunglobuline E“, im Blut. Sie sind häufig auch gegen völlig harmlose Stoffe wie Antigene (Eiweiße) von Blütenpollen gerichtet. Die Antikörper heften sich an Mastzellen an. Sobald sich Antigene und Antikörper verbinden, schütten die Mastzellen den Stoff Histamin aus. Er führt zu Juckreiz. Therapeutisch lassen sich hier Antihistaminika einsetzen, die den Juckreiz stillen. Häufig eingesetzte Antihistaminika in Tablettenform sind z.B. die Wirkstoffe Terfenadin, Cetirizin oder Loratadin.
Eine Allergie wird meistens – genau wie die Neurodermitis – anhand des Erscheinungsbildes diagnostiziert: Juck- und Niesreiz, wässriges Nasensekret sowie Augentränen sind typische Zeichen einer Allergie. Da Neurodermitis und Allergien häufig zusammen auftreten, wird der Arzt vielleicht einen Prick-Test oder einen Epikutan-Test (Patch-Test, Pflaster-Test) vornehmen. Hierbei werden allergieauslösende Stoffe in die Haut gekratzt bzw. auf die Haut geklebt. Dort, wo sich Bläschen und Rötungen bilden, besteht eine Allergie gegen diesen Stoff.
Auch kann der Arzt Blut abnehmen und die speziellen Antikörper im Blut erkennen (Radio-Allergo-Sorbent-Test, RAST). Manchmal sind die Testergebnisse jedoch zweifelhaft. Außerdem sollte man sich die Frage stellen, ob die Tests Konsequenzen haben.
Die Haupttherapie der Neurodermitis richtet sich bei vielen Hautärztens meistens auf die Hautpflege. Cortison bildet meist immer noch die Grundlage der Behandlung. Die heutigen Cortisoncremes haben den Vorteil, dass sie die Haut kaum noch verdünnen, so wie es früher der Fall war.
Cremes sind hauptsächlich wasserhaltig, Salben größtenteils fetthaltig. In der akuten, nässenden Phase der Neurodermitis sollten keine fettreichen Salben angewendet werden.
Wer Hilfe bei ganzheitlichen Methoden sucht, findet oft dauerhafter Linderung. Viele machen sehr gute Erfahrungen mit der Ernährumgsmedizin oder mit Yoga – hier braucht man jedoch viel Geduld. Auch unter dem Stichwort „Psychodermatologie“ kann man Interessantes entdecken. Bei manchen Patienten bessert sich die Neurodermitis durch Psychotherapie. Auch das Älterwerden bringt häufig Erlösung. Nicht selten wandert das Ekzem von den Ellbeugen im Kindesalter zu den Händen im Erwachsenenalter. Warum sich die Neurodermitis-Stellen genau dort befinden, wo sie sich befinden, ist noch nicht genau erforscht.
Eine Alternative zum Cortison ist der Wirkstoff Tacrolimus, ein Stoff, der aus dem Pilz Streptomyces tsukubaensis gewonnen wird. Diese Salbe verdünnt die Haut nicht, kann jedoch zu Hautreizungen führen und sollte nur wenige Wochen angewendet werden.
Eine weitere entzündungshemmende Alternative ist der Wirkstoff Bufexamab.
Für die Grundpflege eignen sich wirkstofffreie Cremes oder Cremes auf naturheilkundlicher Basis mit Wirkstoffen wie Aloe Vera, Nachtkerzensamenöl (Gamma-Linolensäure), Kieselsäure (Kieselerde, Algen) oder Harnstoff (Urea). Harnstoffpräparate sollten jedoch nicht bei nässenden Ekzemen und nicht bei kleinen Kindern angewendet werden.
Gegen den Juckreiz werden gerne – wie bei einer Allergie – Antihistaminika eingesetzt. Die Tabletten werden am besten abends eingenommen, da manche Antihistaminika leicht beruhigend wirken.
Bei Säuglingen gilt Stillen als der beste Schutz vor möglichen späteren atopischen Erkrankungen. Bei älteren Kindern sollte bedacht werden, dass exotische Früchte, die nicht in unseren Breiten wachsen und die unser Körper nicht kennt, Verwirrung im Abwehrsystem stiften können. Viele Neurodermitiker vertragen Orangen, Zitronen oder Mandarinen nicht so gut. Auch Fruchtsäfte können zu Hautreizungen führen. Am geeignetsten ist eine natürliche, konservenfreie Ernährung mit herkömmlichen Lebensmitteln. Dazu gehört auch, die Margarine stehen zu lassen und zur guten alten Butter zurückzugreifen – sie ist für Allergiker weitaus verträglicher.
Wer einer Milcheiweiß-Unverträglichkeit mit Sojaprodukten begegnen will, fällt oft vom Regen in die Traufe. Denn viele, die Milcheiweiß schlecht vertragen, reagieren noch stärker auf Soja-Eiweiß.
Sogenannten Nahrungsmittelallergien liegt häufig nicht wirklich ein allergischer Mechanismus zugrunde. Meist handelt es sich um „Unverträglichkeiten“. Häufig kann man selbst den Zusammenhang zwischen bestimmten Lebensmitteln und einer Hautverschlechterung zurückverfolgen.
Eine ständige Nahrungsmittelkontrolle die seelische Anspannung verstärken, die sich wiederum negativ auf die Haut auswirkt.
Das einzig wissenschaftlich fundierte Verfahren, eine Nahrungsmittelallergie nachzuweisen, ist die Nahrungsmittelprovokationstestung nach einer Auslassdiät. Nach einigen Tagen Kartoffel-Reis- oder Reis-Broccoli-Diät werden im Abstand von zwei Tagen Nahrungsmittel in Kapselform zugeführt. Kommt es zu einer Hautreaktion, wird ein Plazebo, also eine nahrungsmittelfreie Kapsel, gegeben. Verschwindet die Hautreaktion unter Plazebogabe, wirkt das Nahrungsmittel tatsächlich hautverschlechternd und sollte gemieden werden.
Diese Suchdiät wird am besten in einer darauf spezialisierten Klinik durchgeführt. Adressen gibt es beim Deutschen Allergie- und Asthmabund sowie bei der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.
Probiotika sind Bakterien (z.B. Lactobacillus) und Pilze, die als Nahrungsmittelzusätze die Darmflora positiv beeinflussen. Eine finnische Untersuchung konnte nachweisen, dass Kinder, die im ersten Lebenshalbjahr Lactobacillus erhalten, mit zwei Jahren seltener an einer Atopie erkranken als die Kinder, die kein Lactobacillus-Präparat erhalten. Bevor jedoch die Lactobacillus-Gabe allgemein empfohlen werden kann, sollten weitere Studien den Nutzen bekräftigen.
Was war zuerst da – Henne oder Ei? Bedingt eine psychische Störung die Neurodermitis oder ist es umgekehrt? Hautprobleme ziehen oft psychische Probleme nach sich. Neben den direkten Beschwerden wie Jucken, Schmerzen und Schlaflosigkeit, ist die ständige Auseinandersetzung mit dem unschönen Hautbild schwierig. Kinder leiden unter ihrem Hautbild besonders, wenn sie von anderen Kindern darauf angesprochen werden.
Beziehungsschwierigkeiten und Trennungsängste können eine Neurodermitis verschlimmern und manchmal auch auslösen. Es kann hilfreich sein, einmal zu schauen, was passiert ist, als der neue Schub kam: Stand ein Umzug an, war die Arbeitsstelle der Eltern in Gefahr, wurde ein Geschwisterchen geboren, gab es Partnerschaftsprobleme?
Eine psychologische Behandlung in Betracht zu ziehen, kann neue Möglichkeiten eröffnen. Informationen zu einer bifokalen Kurzzeitpsychotherapie für Mutter und Kleinkind finden Sie bei der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP).
Dieser Beitrag erschien erstmals am 13.1.2006
Aktualisiert am 27.12.2014
Standl M et al. (2015):
Multi-ethnic genome-wide association study of 21,000 cases and 95,000 controls identifies 10 novel risk loci for atopicdermatitis.
Nature Genetics 2015, DOI:10.1038/ng.3424.
„Der Vergleich der Daten aus KiGGS Welle 1 mit den
rund sechs Jahre zuvor erhobenen Daten aus der
KiGGS-Basiserhebung zeigt, dass die 12-Monats-Prävalenz
von Neurodermitis mit Blick auf die gesamte Altersgruppe
der 0- bis 17-Jährigen statistisch signifikant von
7,3 % auf 6,0 % gesunken ist. Am deutlichsten fiel der
Rückgang bei den 7- bis 10-Jährigen aus (Schmitz et al.
2014). Anders als bei anderen allergischen Erkrankungen
wie Asthma bronchiale und Heuschnupfen sind
Jungen von Neurodermitis nicht häufiger betroffen als
Mädchen (Schlaud et al. 2007; Schmitz et al. 2014).“
Robert-Koch-Institut, Gesundheitsberichterstattung, Fakten Neurodermitis
Schmitz R, Thamm M, Ellert U et al. (2014)
Verbreitung häufiger Allergien bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Ergebnisse der KiGGS-Studie – Erste Folgebefragung (KiGGS Welle 1).
Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 57 (7): 771–778
Schlaud M, Atzpodien K, Thierfelder W (2007)
Allergische Erkrankungen. Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS).
Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 50 (5/6): 701–710