Es ist herrlich in den frühen Morgenstunden noch etwas zu dösen. Was wir dann träumen, ist sehr nah am Bewusstsein, zwischen Wachen und Träumen. In der zweiten Nachthälfte, wenn der Schlaf schon weniger tief ist, können wir unsere Träume manchmal steuern (luzide Träume). Unser Bewusstsein mischt sich in das unbewusste Geschehen ein. Die tiefen Träume in der Zeit des Tiefschlafes in der ersten Nachthälfte (vor 24, 1 oder 2 Uhr) sind da ganz anders: Da fällt uns manchmal nicht im Traum ein, dass wir träumen. Da sind wir ganz Traum – Traum und Träumer sind Eins. In der Zeit von 1-3 Uhr morgens ist nach chinesischer Medizin die Leber besonders aktiv. Während sie unseren Körper entgiftet, entgiftet sich auch unser Gehirn durch die wildesten Träume. Weiterlesen
Wenn wir wach sind, dann gewollt wieder einschlafen und dadurch einen Klartraum einleiten, spricht man von einem „Wake-Initiated Lucid Dream“, WILD. Diese Technik wird auch „Klarheit-bewahrende Technik“ (KLB-Technik) genannt.
Wie kann Traumforschung ohne Psychoanalyse eigentlich funktionieren? Wenn Patienten in der Psychoanalyse-Stunde von ihren Träumen erzählen, kann man nur staunen: Wie sehr dieser Traum in die aktuelle Lebensphase passt! Wie leicht sich ein Tagesrest finden lässt, wie viele Bedeutungen ein Gegenstand oder ein Wort im Traum haben kann, wie der Traum die psychische Situation des Patienten widerspiegelt, wie sich die Träume mit der Entwicklung des Patienten verändern.
Der Traum ergibt einen Sinn
Der Traum ist für den Träumer oft sehr wertvoll. Er lässt sich besonders gut deuten, wenn der Analytiker den Patienten schon länger kennt und wenn sich der Traum in den Zusammenhang mit Psychoanalyse-Stunden stellen lässt. Manche Traumforscher wollen von diesen Mühen nichts wissen. Doch das ist nichts Neues. Schon Sigmund Freud schrieb in seinem Buch „Die Traumdeutung“:
Sigmund Freud:
„Mit der Voraussetzung, dass Träume deutbar sind, trete ich sofort in Widerspruch zu der herrschenden Traumlehre, ja zu allen Traumtheorien mit Ausnahme der Schernerschen, denn ‚einen Traum deuten‘ heißt seinen ‚Sinn‘ angeben, ihn durch etwas ersetzen, was sich als vollwichtiges, gleichwertiges Glied in die Verkettung unserer seelischen Aktionen einfügt.
Wie wir erfahren haben, lassen aber die wissenschaftlichen Theorien des Traumes für ein Problem der Traumdeutung keinen Raum, denn der Traum ist für sie überhaupt kein seelischer Akt, sondern ein somatischer Vorgang, der sich durch Zeichen am seelischen Apparat kundgibt.
Anders hat sich zu allen Zeiten die Laienmeinung benommen. Sie bedient sich ihres guten Rechts, inkonsequent zu verfahren, und obwohl sie zugesteht, der Traum sei unverständlich und absurd, kann sie sich doch nicht entschließen, dem Traume jede Bedeutung abzusprechen.“
(Sigmund Freud: Die Traumdeutung. Fischer-Verlage, August 2003, basierend auf der 8. Auflage, 1929: S. 110)
Video-Tipp:
David Taylor (Direktor der Tavistock-Clinic):
On the awakening of our theory of dreams & dreaming
Sandler Conference 2011 (03/07), Sigmund-Freud-Institut Frankfurt
Links:
Karl Albert Schrener (1825-1889) (1861):
Das Leben des Traums
Breslau, 1861
http://babel.hathitrust.org
Fischmann, Tamara; Leuzinger-Bohleber, Marianne; Kächele, Horst (2012):
Traumforschung in der Psychoanalyse: Klinische Studien, Traumserien, extraklinische Forschung im Labor
Psyche, September 2012, 66. Jahrgang, Heft 9, pp 833-861
www.psyche.de
Professor Michael Schredl:
Dream Research in Germany
www.dreamresearch.de
Ralf Zwiebel, Marianne Leuzinger-Bohleber (Hg.) (2002):
Träume, Spielräume I
Aktuelle Traumforschung
Psychoanalytische Blätter, Band 20
Vandenhoeck & Ruprecht, 1. Auflage 2002
Döll-Hentschker, Susanne (2008):
Die Veränderung von Träumen in psychoanalytischen Behandlungen.
Affekttheorie, Affektregulierung und Traumkodierung.
Verlag Brandes & Apsel, Frankfurt am Main, 2008
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Kommentar von Ralf Zwiebel in
Psyche – Zeitschrift für Psychoanalyse, 2009, 63:414-418