Unter dem Pötzl-Phänomen, benannt nach dem österreichischen Psychiater Otto Pötzl (1877-1962), versteht man das Auftauchen von Bildern in Träumen, die aus kurz dargebotenen Bildern im Wachzustand stammen. Man spricht auch von „subliminaler Wahrnehmung“, weil man unbewusst einen Reiz wahrgenommen hat, der unter der Reizstärke lag, die ein Reiz haben müsste, um direkt ins Bewusstsein zu gelangen. Das Thema „subliminale Wahrnehmung“ ist bei vielen Menschen mit einem unguten Gefühl behaftet. Viele kennen die Versuche mit subliminaler Limonaden-Werbung im Kino oder mit Filmen, durch die ein Affe läuft, der von den meisten Zuschauern nicht direkt wahrgenommen wird. Weiterlesen
Den Groll, ich spüre ihn schon wieder langsam aufziehen. Er kommt von unten her und verdunkelt meine Seele. Er beißt sich langsam fest und hält mich umschlungen wie die Zaunwinde den jungen Ast. Eben konnte ich mich noch frei bewegen, doch Gedanken und Bilder fachten meinen Groll an wie Fliegen eine fleischfressende Pflanze. Was wäre gewesen, wenn? Hätte es doch, wäre es doch … Zeit vergeht. Ich möchte frei werden vom Groll und doch nicht, denn da ist ein Gefühl, ich könnte etwas verpassen, wenn ich ihn aufgebe. Als wenn er mir diente, als ob er irgendetwas auf magische Weise im Hintergrund bewirken, zerstören oder heilen könnte. In Wirklichkeit zerstört er nur. Auch mich. Der Schaden, er ist da. Doch im Gegensatz zum Schaden kann ich den Groll verlassen. Und neue Wege gehen.Weiterlesen
„Machen Sie sich klar, dass Ihre angsterfüllten Gedanken nichts als Gedanken sind.“ Dieser Satz beruhigt meistens nur begrenzt, denn die Entstehung von Gedanken ist ein ganzheitliches Geschehen. Es gibt verschiedene Arten von Gedanken und es gibt verschiedene Arten von Gefühlen und äußeren Realitäten. Gedanken und Gefühle können auf unterschiedlichste Weise miteinander verbunden sein. Gedanken entstehen aus vielem, z.B. aus äußeren Realitäten und Körperempfindungen heraus. Wir können durch unsere Körperhaltung unsere Sorgen schlimmer oder weniger schlimm erscheinen lassen.Weiterlesen
„Die Situation an sich ist so wie sie ist. Was sie so unerträglich macht, sind die Gedanken dazu. Unsere Bewertung entscheidet darüber, ob etwas gut ist oder schlecht“, hört man. Ich denke, dass es anders ist für Menschen, die frühe, schwere traumatische Erfahrungen gemacht haben – insbesondere, wenn der Körper mit einbezogen war. Da spürten sie genau: Zuerst ist da das Unerträgliche. Die Gedanken sind nur die Folge, um es zu begreifen. Sie hatten keinen anderen Menschen, der das Unerträgliche mit ihnen ertrug. Weiterlesen
Mal nüchtern ausgedrückt: Mit „Ich“ ist in der Psychoanalyse nach Freud eine „Struktur des seelischen Apparates“ gemeint. Wenn wir „Ich“ sagen, zeigen wir auf unsere Brust – dorthin, wo Herzschlag und Atem liegen. „Das Ich ist vor allem ein körperliches“ (Freud: Das Ich und das Es, 1923, Projekt Gutenberg). „Ich“ erlebe etwas, mir widerfährt etwas, ich denke, handele, entscheide. Dass mein Ich zwischen dem „Es“ und dem „Über-Ich“ (= dem Gewissen) steht, spüre ich im Alltag nur allzu häufig: Ich muss abwägen zwischen meinem Trieb (z.B. dem Drang, zur Toilette zu gehen oder den anderen zu schlagen) und dem Über-Ich, das mir sagt: „Du kannst jetzt nicht aus dieser Sitzung raus.“ Weiterlesen
In Psychoanalysen braucht man sehr viel Geduld – und den Glauben daran, dass das Wesentliche, um das es geht, schon auftauchen wird. Der britische Psychoanalytiker Wilfred Bion (1897-1979) gilt als der Psychoanalytiker, der für „Intuition“ steht. Gleichzeitig lässt er das Objektive, das Logische nicht aus dem Blick. Bions ehemaliger Analysand James S. Grotstein (1925-2015, Melanie-Klein-Trust) hat in seinem Buch „A Beam of Intense Darkness“ die wichtigsten Erkenntnisse Bions zusammengefasst (Wilfred Bions Legacy to Psychoanalysis, Karnac Books, 2007 and Kommentar von James Grotstein, Karnac). Weiterlesen
„Immer, wenn ich in einer Beziehung bin, weiß ich selbst nicht mehr, was ich will.“ Wir haben oft den hohen Anspruch, stets zu wissen, „was wir wollen“, dabei ist es oft so schwierig, besonders im Zuzweitsein. Je nachdem, wie wir aufwuchsen, fällt es uns zudem sehr schwer, zu äußern, was wir wollen. Vielleicht hatten wir eine verletzliche Mutter, der jede Form der Trennung Angst gemacht hat. Trennung fängt schon da an, wo die Mutter etwas meint und das Kind etwas anderes meint. Wenn wir bemerkten, wie verletzlich die Mutter war, redeten wir ihr nach dem Mund, weil wir spürten, dass wir sie dadurch emotional stabil halten konnten. Wir schauten vielleicht stets nach der Mutter und versuchten, sie zu lesen. Die Frage „Was kann sie nun wollen?“ wurde zur zentralen Lebensfrage und auf einmal merkten wir: Ich weiß gar nicht mehr, was ich selbst eigentlich will. Weiterlesen
Wenn wir einen Tinnitus haben, befürchten wir vielleicht, verrückt zu werden, weil da was ist, was wir so absolut nicht wollen oder kontrollieren können. Der eigene Körper quält uns mit Tönen, Summen, Piepsen, Pochen und Geräuschen. Ohren kann man nicht verschließen, das ist ja schon im täglichen Leben so. Aber bei äußerem Lärm kann man sie sich zuhalten oder weglaufen. Da nutzen auch die zahlreichen Erklärungen nichts, etwa, dass jeder Ohrgeräusche habe, aber nicht jeder darauf höre. Das denke ich nicht. Ich denke, dass der Tinnitus tatsächlich ein „neuer Ton“ für den Betroffenen ist. Weiterlesen