Da habe ich ein gemaltes Herz von meinem Kind. Es „bedeutet“ Liebe, es deutet auf die Liebe zwischen mir und meinem Kind hin. Das gemalte Herz ist ein Symbol. Die Liebe ist echt. Aber sie ist so schwer zu beschreiben. Symbole zeigen, was „eigentlich“ gemeint ist. Die Liebe ist „das Symbolisierte“, das Herz ist das Symbol. Ich als „Subjekt“ kann das Symbolisierte verstehen und mich darüber freuen, dass mein Kind mich liebt. Dazu braucht es eine Denkleistung, ein Verstehen. Das, was so schwer in Worte zu fassen ist, die Liebe, wird durch das Symbol dargestellt. Das Symbol verbindet uns. Ein Bild für die Gefühle von Zweien. Bei Menschen mit einer Psychose oder einer schizoiden Störung ist das Verstehen von Symbolen oft eingeschränkt. Oder umgekehrt: Die Betroffenen geben allem Möglichen eine symbolische Bedeutung und sind dann z.B. vor Scham kaum noch lebensfähig. Weiterlesen
Wenn ich krank bin, habe ich Glück, wenn ich an einen weisen, wohlwollenden Arzt gerate. Durch die Krankheit bin ich geschwächt und hoffe nun, dass der Arzt mir hilft. In dieser Situation liegt es nahe, dass ich in dem helfenden Arzt einen „guten Vater“ sehe. Den Vorgang, dass ich mir dieses Bild von dem Arzt mache und dann mit dieser inneren Haltung auf den Arzt zugehe, nennt man „Übertragung“ (englisch: Transference). Der Arzt selbst spürt, dass ich Hilfe suche und in ihm einen guten Vater sehe. Er entwickelt mir gegenüber väterliche Gefühle und will mir helfen (= Gegenübertragung).Weiterlesen
„Immer, wenn ich mich wohlfühle, bekomme ich plötzlich Angst“, sagen wir vielleicht manchmal. Oder: „Ich bin morgens oft gut gelaunt und dann, ganz plötzlich, fühle ich mich wieder unzufrieden.“ Bei genauerem Hinsehen lässt sich oft erkennen, was die Stimmung umschlagen ließ. Doch wenn wir ein psychisches Leiden haben, finden wir eben oft keine Erklärung dafür. Die Ursachen liegen oft schon in der Kindheit. Wenn ein Baby Hunger hat und nach der Mutter schreit, dann beruhigt es sich, wenn es etwas zu essen bekommt. Es kommt dann der Punkt, an dem es satt und zufrieden ist. Die gesunde Mutter erkennt das, nimmt Abstand und lässt das Kind in Ruhe. Wenn es hier an Feinfühligkeit fehlt, überfüttert sie das Kind vielleicht. Aus der „guten Brust“ wird sozusagen eine „verfolgende Brust“, um es mit Worten der Psychoanalytikerin Melanie Klein (1882-1960) auszudrücken. Das, was zuerst gut war für das Baby, die Nahrung, wird zum verfolgenden Fluch. Weiterlesen
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS, Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung, Typ Borderline, ICD10: F60.31) wird mitunter definiert als ein Zustand zwischen Neurose und Psychose. Solltest Du diese Diagnose haben, dann leidest Du vielleicht unter mangelnder Impulskontrolle – es fällt Dir vielleicht sehr schwer, Deine Wut und andere starke Gefühle zu kontrollieren. Auch leidest Du möglicherweise unter einem brüchigen Selbstbild – Du hältst Dich selbst manchmal (heimlich) für ganz toll und manchmal für den letzten Menschen dieser Welt. So geht es Dir möglicherweise auch mit dem Bild von anderen. Dieser Abwehrmechanismus wird „Spaltung“ genannt. Weiterlesen
Säuglinge suchen den Blickkontakt zu Mutter und Vater und sind völlig verzweifelt, wenn dieser nicht adäquat erwidert wird. Eine ständige Nicht-Passung zwischen Mutter und Kind, frühe Trennungen nach der Geburt oder größere medizinische Behandlungen als Baby lösen wahrscheinlich das Gefühl aus, unverbunden zu sein. Wir ziehen uns auf uns selbst zurück, wenn alle Welt uns abzulehnen scheint. Wir alle haben frühe psychische Verletzungen erlebt und daher gesunde und weniger gesunde narzisstische, also selbstbezogene, Anteile in uns. Wenn wir Angst haben, erneut Verlassenheitsgefühle zu spüren, dann behelfen wir uns, indem wir versuchen, den anderen zu kontrollieren. Weiterlesen
Kaum etwas beschäftigt uns mehr als die Abwesenheit von etwas oder jemandem. Die Abwesenheit der Mutter ist für das kleine Kind das Dasein von furchtbarem Schmerz. Die abwesende Mutter wird zur bösen Mutter. Der Partner, der uns verlässt, wird wichtiger denn je. Das Kind, das wir nie bekommen konnten, betrauern wir jahrelang, vielleicht ein Leben lang. Das, was wir nicht haben oder sind, bestimmt unser Leben genauso wie das, was da ist. „Der Frank – das war doch der, der nie rechnen konnte.“ „Wir sind der Laden, der nie Butter hat. Der Laden, der nie Öl hat, ist da vorne.“ „Ich bin die einzige Autorin, die noch nicht bloggt.“ Weiterlesen
Bei einer Angstattacke fühlst Du Dich möglicherweise ganz schwach. Du zitterst und wenn Dich jemand fragt: „Was hast Du?“, kannst Du eigentlich gar nicht antworten. Es kann sein, dass Dir unglaublich schlecht ist. Du fühlst Dich möglicherweise komisch und alleingelassen. Im Gegensatz zur Furcht, die auf etwas Bestimmtes gerichtet ist und sich konkret anfühlt, ist die Angst vage und schwammig. Es ist Dir vielleicht noch nicht einmal klar, ob es sich um etwas „Inneres“ handelt oder um etwas „Äußeres“. Die Worte „Angst“ und „Enge“ hängen zusammen und während einer Angstattacke möchtest Du vielleicht nur noch weglaufen – raus an die frische Luft. Weiterlesen
Es beginnt am Anfang des Lebens, wenn der Schwangeren gesagt wird: „Schmerzen unter der Geburt müssen heute nicht mehr sein.“ Die Frau erhält eine Periduralanästhesie (PDA). Doch das Leiden ist nicht unbedingt nur gleich „Schmerz“: „Ich habe unter der Blasenlähmung durch die PDA gelitten und hinterher hatte ich höllische Kopfschmerzen“, sagt die junge Mutter nach der Geburt. Wir wollen so gerne Leiden beseitigen – doch schaffen wir dadurch oft auch neues Leiden. Dass der Geburtsschmerz – ebenso wie manch anderer Lebensschmerz – seinen Sinn haben kann, wird von vielen nicht so gesehen. Doch manchmal spüren wir diesen Sinn mitunter selbst – oft erst im Nachhinein. Weiterlesen
Ich weiß es nicht. Noch nicht. Ich wälze mich unruhig im Halbschlaf, mein Herz rast. Ich berate mich mit anderen. Jeder Ratschlag verunsichert mich mehr. Unruhige Träume verwirren mich. Das Warten ist kaum auszuhalten. Meine Haut juckt unentwegt. Pro-und-Kontra-Listen gefrieren noch während des Schreibens. Ich suche das Internet ab. Es wird wieder eine unruhige Nacht. Und noch eine. Und noch eine. Und irgendwann, viel später, ist er auf einmal da: der richtige Gedanke. „So mache ich es!“ Eine Sicherheit erfüllt und umgibt mich ganz und gar. So lange habe ich auf sie gewartet – und nun ist sie geboren. Weiterlesen