„Relation“ ist das englische Wort für „Beziehung“. Die relationale Psychoanalyse betont das Wechselspiel in der Beziehung von Patient und Psychoanalytiker. Der Analytiker ist keine neutrale oder objektive Person, sondern er geht mit dem Patienten eine intensive emotionale Beziehung ein. Als führender Vertreter der relationalen Psychoanalyse wird heute oft der amerikanische Psychoanalytiker Stephen A. Mitchell (1946-2000) genannt, jedoch wurde die relationale Psychoanalyse bereits unter anderem von – natürlich – Sigmund Freud, Melanie Klein, Sandor Ferenczi, John Bowlby, Donald Winnicott, Ruprecht Bion, Harry Stack Sullivan, Michael Balint (1896-1970), Harry Guntrip und William Ronald Dodds Fairbairn (1889-1964) geebnet.
Die relationale Psychoanalyse hat ihre Wurzeln in der interpersonellen Psychoanalyse, die auf den Psychiater Harry Stack Sullivan (1892-1949) zurückgeht. Die relationalen Psychoanalytiker betrachten „Freud als den ersten relationalen Psychoanalytiker“ (Mertens, S. 47), denn schon er sprach von der „Kommunikation von Unbewusst zu Unbewusst“ (Mertens, S. 46).
Relationale Psychoanalytiker gründeten im Jahr 2001 die Internationale Vereinigung für Relationale Psychoanalyse, die International Association for Relational Psychoanalysis and Psychotherapy (IARPP). Die IARPP will über die relationale Psychoanalyse informieren, diesen Ansatz lehren und mit Vertretern anderer psychoanalytischer Schulen ins Gespräch kommen. Dazu veranstaltet sie unter anderem regelmäßig Konferenzen.
Eine bekannte Vertreterin der Relationalen Psychoanalyse ist die Psychoanalytikerin Jessica Rachel Benjamin. Sie ist nicht zu verwechseln mit Lorna Smith Benjamin, die die Interpersonelle Rekonstruktive Therapie und die Strukturale Analyse Sozialen Verhaltens (SASB) begründet hat.
In seinem Buch „Psychoanalytische Schulen im Gespräch“ (Band 2) listet Wolfgang Mertens Gründungsmitglieder der Relationalen Psychoanalyse auf (S. 204):
Wolfgang Mertens:
Psychoanalytische Schulen im Gespräch
Band 2: Selbstpsychologie, Post-Selbstpsychologie, relationale und intersubjektive Kritik
Verlag Hans Huber, Bern 2011: S. 16, S. 45, S. 47, S. 204
Christian Maier über
Mitchell, Stephen A.:
Bindung und Beziehung. Auf dem Weg zu einer relationalen Psychoanalyse
Ärzteblatt, PP 3, Juli 2004, S. 298
Dieser Beitrag erschien erstmals am 3.8.2013
Aktualisiert am 11.2.2022
„Zahnschmerzen ohne Grund“ sind ein sehr häufiges Problem. In psychosomatischen Kliniken finden sich Patienten, die sich schmerzende Zähne haben ziehen lassen, obwohl diese Zähne objektiv nur leicht beschädigt waren. Manche Zahnärzte sagen, dass die leichten Beschädigungen nicht der Grund für so starke Schmerzen sein könnten. Doch biologisch ausgerichtete Zahnärzte nehmen auch den starken Schmerz bei leichten Beschädigungen ernst – denn sie haben einen Blick dafür, wie sehr Körper und Psyche auch durch objektiv leichte Beschädigungen beeinträchtigt werden können. Viele Menschen finden nach einer Füllung, Wurzelbehandlung oder Überkronung keine Ruhe. Es kann jedoch auch vorkommen, dass sich tatsächlich massive Karies gebildet hat, ohne dass der Zahnarzt den Schaden entdeckt. Weiterlesen
Fühlen sich kleine Kinder gestresst, laufen sie zur Mama und schmiegen sich an sie. Dort „tanken sie auf“, wie es die Kleinkindforscherin Margaret Mahler (1897-1985) nannte. Auch Erwachsene geben sich gegenseitig Kraft durch gute Bindung und Berührung. Nicht nur das Kind tankt bei der Mutter auf, sondern auch die Mutter genießt die Berührung des Kindes, wenn sie gerade in der Stimmung ist. Viele Menschen unterschätzen ihre eigene Wirkung. Doch Berührung wirkt schmerzlindernd, angstmildernd und blutdrucksenkend. Weiterlesen
Jeder Mensch hat seine Neurosen. Damit sind die Stellen in der Psyche gemeint, die nicht so ganz im Gleichgewicht sind. Wenn Du z.B. immer überpünktlich zu Terminen kommst, dann hast Du eine Pünktlichkeitsneurose. Vielleicht hattest Du Eltern, die sehr auf Pünktlichkeit achteten oder Du hast einmal Schaden genommen, als Du zu spät kamst. Wenn Du schwer traumatisiert bist, kommst Du vielleicht oft zu früh, um zu überprüfen, ob die Luft rein ist. Neurosen äußern sich als Ängste, Depressionen oder Zwänge, doch der Bezug zur Realität bleibt vorhanden, oder besser gesagt: Die Fähigkeit, mit einem anderen sinnvoll zu kommunizieren, bleibt vorhanden. Weiterlesen
Gefangen in der Uniklinik. Mit einem Gleichgewichtsnerven außer Gefecht schwanke ich mühselig von Untersuchung zu Untersuchung. Hektische Ärzte, unfreundliche Anweisungen auf dem Drehstuhl, den ich mit Schrecken im laufenden Betrieb verlasse. Warten auf dem Flur. In den Gängen Betrieb. Ungewissheit. Ich weiß nicht, was los ist, keiner sagt mir was. Die letzte Station: Ein kleiner Technikraum im Keller. Das Fenster auf, frische Morgenluft, ein paar Vögel zwitschern. Ein freundlicher Assistent. Ein ganz einfacher Mann. Die einzige Anweisung: Einige Minuten lang ruhig liegen bleiben während der Hirnstammaudiometrie. Er sitzt die ganze Zeit neben mir und sagt nichts. Er hält meine Hand. Er macht mich gesund. Am Ende stehe ich auf und fühle mich das erste Mal seit vielen Tagen wieder halbwegs sicher auf meinen Beinen.Weiterlesen
„Ich habe Kinder, aber ich habe keine Familie“, sagt eine alleinerziehende Mutter. Viele können diesen Satz sehr gut nachempfinden. Wer chronisch einsam ist, ist es oft deshalb, weil er schon in unsicheren Bindungen groß wurde (Benoit und DiTommaso, 2020). Obwohl viele eine Ursprungsfamilie haben, so haben sie doch keine Familie, die auf gute Weise für sie da ist. Manche haben auch tatsächlich keine Familie (mehr). Dann ist die Versuchung groß, zu glauben: „Wenn ich eine Familie hätte oder hoffentlich eines Tages haben werde, dann geht es mir gut.“ Doch während man es denkt, begeht der vermeintlich glücklich verheiratete Nachbar, Jurist und Vater von drei gesunden Kindern, Suizid. Weiterlesen
Einsamkeit ist ein fast körperlicher Schmerz. Nicht berührt zu werden, tut unglaublich weh. Das Gefühl des „Nichts“ auf der Haut und in der Seele ist oft kaum auszuhalten und macht unruhig. Oft schämen sich die Einsamen ihrer Einsamkeit. Eine stille Wut auf andere mit Partner und Familie und ein stechender Neid auf alle, die nicht einsam sind, macht sich breit. Wer ein berufliches Ziel erreichen möchte, kann darauf hin arbeiten. Wem es an Geld mangelt, kann versuchen, irgendwie an Geld zu kommen. Doch wem es an Liebe und Beziehung mangelt, der sieht sich oft in einer Art „Unmöglichkeit“ gefangen. Man kann sich zwar in Partnerbörsen anmelden, aber hier zählen keine Zeugnisse, keine Noten, keine Zahlen – hier zählen Selbstkenntnis, Resonanzfähigkeit und die Fähigkeit, im Beisein des anderen allein sein zu können.Weiterlesen
Der Patient sitzt vor uns und weint bitterlich. Wir jedoch fühlen uns wie versteinert. Wir versuchen, wenigstens mitfühlend dreinzublicken, aber so richtig mag es uns nicht gelingen. Es wird uns unangenehm und wir fragen uns, wie sehr der Patient merkt, dass wir hier nicht so richtig „bei ihm“ sein können. Wieso können wir manchmal mit einem Patienten nicht mitfühlen, obwohl sein Leid so offensichtlich ist? Wichtig ist, zu überlegen: Können wir grundsätzlich nicht mit dem Patienten mitfühlen oder nur an bestimmten Stellen oder in bestimmten Phasen? Wenn wir nicht mitfühlen können, fehlt dem Patienten unsere emotionale Resonanz, die so wichtig ist für den therapeutischen Prozess. Spüren wir genau hin: Wie fühlt sich dieses Nicht-Mitfühlen-Können an?Weiterlesen