Immer wieder haben mich Befürworter der Vojta-Krankengymnastik (siehe Stellungnahme der Internationalen Vojta-Gesellschaft) auf eine Studie von Maren Thiesen-Hutter (1982) aufmerksam gemacht. Die Psychologin hat Ende der 1970er Jahre eine Studie zu den psychologischen Auswirkungen der Vojta-Therapie bei Babys durchgeführt. Maren Thiesen-Hutter hatte zunächst angenommen, die Vojta-Krankengymnastik bei Babys würde psychische Schäden hinterlassen. Doch in ihrer Studie sei sie zu ihrer eigenen Überraschung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vojta-Therapie bei Babys aus psychologischer Sicht nicht schade. Nun habe ich mir die Studie selbst angesehen – sie ist 1982 im Enke-Verlag erschienen. Das Buch heißt „Psychologie und Neurophysiotherapie Vojtas“.Weiterlesen
Der Schweizer Kinderarzt Remo Largo hat in seiner Zürcher Längsschnittstudie gezeigt, dass Kinder früherer Zeiten nicht früher sauber wurden als die Kinder heute, sondern dass die Eltern sie nur viel öfter über das Töpfchen hielten. Beim Kinderarzt hören wir oft, dass die bewusste Kontrolle der Schließmuskeln (Sphincter vesicae der Blase und Sphincter recti des Darmausgangs) erst mit zwei oder drei Jahren möglich sei. Fragend oder gar verächtlich schauen wir manchmal auf die osteuropäischen Länder, wo die Kinder angeblich schon mit einem Jahr trocken sind. Wir können uns das nicht vorstellen. Meistens gehen wir davon aus, dass diese Kinder besonders streng erzogen werden und dadurch Schaden erleiden, denn nach der klassischen psychoanalytischen Theorie gibt es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen einer strengen Sauberkeitserziehung und einer späteren Zwanghaftigkeit beim Kind.Weiterlesen
Das Kind, es steht im Mittelpunkt. Ob gut oder schlecht: Die Eltern starren, beobachten, zupfen, küssen, streicheln, beschämen, lauschen, verfolgen, quälen, verlassen. Sie loben und schimpfen. Das Kind, es hat keinen eigenen Raum. Nur manchmal ganz oft, wenn die Eltern sich streiten, dann sind sie beschäftigt. Es ist ihr Streit. Das Kind, es mag ihn nicht hören. Es macht ihm Angst. Es hält sich die Ohren zu und läuft im Flur auf und ab. Ganz allein. Weiterlesen
Dein Baby ist da und Du kannst es nicht lieben (meinst Du). Wäscheberge, Isolation und Babygeschrei. „Wie ist das alles zu schaffen?“, denkst Du vielleicht. Anders als beim „Babyblues“, den Heultagen, finden Frauen bei einer Postpartalen Depression (englisch: postpartum depression) aus ihrer Erschöpfung und inneren Leere oft nur wieder langsam heraus. Wenn Du Mutter wirst, dann werden vermutlich auch unbewusste Erinnerungen an die eigene Baby- und Kleinkindzeit wieder wach. Wenn Du nie so sein wolltest wie Deine Mutter, dann hast Du jetzt etwas mit ihr gemeinsam: Du bist nun auch Mutter. Die Frage der Identität wird während der Schwangerschaft und nach der Entbindung ganz schön auf den Kopf gestellt. Weiterlesen
Fühlen sich kleine Kinder gestresst, laufen sie zur Mama und schmiegen sich an sie. Dort „tanken sie auf“, wie es die Kleinkindforscherin Margaret Mahler (1897-1985) nannte. Auch Erwachsene geben sich gegenseitig Kraft durch gute Bindung und Berührung. Nicht nur das Kind tankt bei der Mutter auf, sondern auch die Mutter genießt die Berührung des Kindes, wenn sie gerade in der Stimmung ist. Viele Menschen unterschätzen ihre eigene Wirkung. Doch Berührung wirkt schmerzlindernd, angstmildernd und blutdrucksenkend. Weiterlesen
„Kinder entstehen durch Essen“, phantasieren manche kleinen Kinder. Diese Phantasie entsteht schon, bevor die Kinder sie in Worte fassen können. Frühkindliche und unbewusste Phantasien sind unser Leben lang vorhanden. Kleine Babys spüren, was in ihrem Körper passiert und entwickeln darauf hin wahrscheinlich Phantasien. Diese Phantasien entstehen aus der Wahrnehmung, aus dem Fühlen (englisch: Sensation) heraus. Unbewusste Phantasien werden auch in unseren Fehlern deutlich. In einer Quizshow (Gefragt, Gejagt, 26.9.2023) wurde eine Kandidatin gefragt, wo im Körper sich „Otolithen“ befinden. Sie kannte den Begriff (Steinchen im Ohr) nicht und musste raten: „In der Lunge?“ Der „Fehler“ war nicht sinnlos: Möglicherweise hatte die Kandidatin an das „O2“ des Sauerstoffs gedacht.Weiterlesen
„Wer hat die Krone auf?“ „Aus welchem Material besteht der Tisch?“ „Male ein Männchen.“ Typische Sätze aus Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt (allerdings: Stand 2010). „Niemand hat hier die Krone auf“, antwortet das schlaue Kind. „Aus Holz“, sagt die Kleine – puh, zum Glück kennt sie das Wort „Material“. „Ihr Kind malt das Männchen noch mit acht Fingern an einer Hand“, sagt der Kinderarzt. Die Mutter lässt den Kopf hängen. „Wie wird hier eigentlich mein Kind vermessen?“, denkt sie. Normtabellen überall. Doch werden sie dem Kind gerecht? Der Kinderarzt kennt es doch fast gar nicht. Nur Mutter und Vater wissen, wieviel es spricht, wie schnell es laufen kann, wie gut es sich zu helfen weiß. Doch die Fragen und Vermessungen beim Kinderarzt erscheinen manchmal wie eine Farce. Weiterlesen
Menschen, die sich weitgehend gesund entwickeln konnten, können gut über sich und andere Menschen nachdenken – man sagt: Sie haben eine gute Reflexionsfunktion, sie können gut mentalisieren. Bei Menschen, die in der Kindheit missbraucht und misshandelt wurden, ist diese Mentalisierungsfähigkeit häufig relativ stark eingeschränkt. Sie haben zwar einerseits gute Antennen für den anderen, andererseits fällt es ihnen jedoch schwer, sich vorzustellen, aus welchen Gründen andere Menschen wirklich etwas sagen oder tun. Sie gehen oft vom Schlechtesten aus. Zu sehr sind sie verhaftet in alte Muster, nach denen einst ihre Eltern gehandelt haben. Weiterlesen
Kleine Kinder können unglaublich zwanghaft sein. Da muss es unbedingt die blaue Eiskugel oder genau dieser Frühstücks-Becher sein. Zwänge sind Teil einer normalen Kleinkind-Entwicklung. Auch größere Kinder und Jugendliche haben ihre Zwänge. Doch manchmal nehmen die Zwänge überhand. Von einer „Zwangsstörung“ spricht man, wenn die Zwänge einen deutlichen Leidensdruck hervorrufen. Doch so unangenehm sie sind: Zwänge haben meistens ihren Sinn. Wird der Sinn der Zwänge erkannt, lassen sie oft nach. (Text & Bild: Dunja Voos)Weiterlesen