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Bildungsferne Unterschicht – und wie Hass entsteht. Der Rapper „Fakkt“ erklärt es treffend

Psychische Erkrankungen sollen nicht stigmatisiert werden, alle Menschen sollen irgendwie akzeptiert werden. Heißt es. Und doch hört der gute Wille oft da auf, wo die Menschen sich auf die unverständlichste Weise zeigen: aggressiv, kriminell, voller Hass und ohne Worte. Dann wird es brenzlig – schließlich gebe es Grenzen und man könne nicht alles mit der Kindheit entschuldigen. Der Rapper Jastin Schatz, genannt „Fakkt“, hat für die Ausstellung „Streit“ der Franckeschen Stiftungen in Halle ein berührendes Lied komponiert, das sehr gut beschreibt, wie Hass entstehen kann. In dem Lied heißt es: Weiterlesen

Verlassen. Eine Novembermorgengeschichte

Ich steh im Wald. Und fühle mich verlassen. Und alt. Die Gedanken, sie drehen sich unaufhörlich in meinem Kopf. Meine Schale ist so hart. Da mag keiner durchdringen. Ich verschränke die Arme und behaupte, die Welt sei ungerecht. Die Sterne glitzern. Und endlich zieht der Morgennebel auf. Er hüllt mich ein. Ihm macht meine Schale nichts aus. Die warme Novemberluft streichelt mein Gesicht. Und die Tränen fließen in meinen Schal. Weiterlesen

Wüste

Es brennt brutal. Diese innere Hitze, diese innere Glut. Die Sehnsucht. So groß, dass sie alles um einen herum verschwimmen lässt. Keiner da. Man geht allein, schleppt sich allein, atmet schwer. Kein Ufer in Sicht. Fatamorganas ziehen vorbei. Plötzlich, wie im Traum, taucht in echt ein Mensch auf. Er steht ganz nah. Er macht Angst. Er merkt, dass er Angst macht. Er verschwindet wieder. Ruhig wird es. Nur noch der eigene Atem ist zu hören. Die Mauer der Angst ist zu hoch. Die Wüste, sie wird noch eine Weile dauern. (Text & Bild: © Dunja Voos) Weiterlesen

Das leere Bett

Wie eine weite Wüste. Nur unbarmherzig weich. Ich streiche über eine Falte im Laken. Ich weiß nicht, wie ich die Decke um mich legen soll. Es ist die Abwesenheit des anderen, die mich quält. Kein Atemgeräusch. Niemand, der meinen Rücken wärmt. Ich greife nach der Hand, die gar nicht da ist. Mein Körper fühlt sich so weggezogen an. Auf meiner Haut spüre ich die Abwesenheit von Berührung wie einen Windhauch, der von mir weggeht. Ich kann die Weichheit des leeren Bettes nicht länger ertragen. Ich stehe auf und öffne die Terrassentür. Ich lege mich hin. Die kühle Luft streichelt meine Stirn. Und endlich schlafe ich auf dem harten Boden ein. Weiterlesen

Tipps bei Einsamkeit

Gegen Einsamkeit Tipps geben zu wollen ist vielleicht so wie zu einem Wüstenwanderer zu sagen, er solle jetzt mal sofort zur Quelle zu gehen. Es war vielleicht oft ein langer Weg, der uns einsam gemacht hat. Chronisch einsame Menschen sind oft Menschen, die schon als Kinder misshandelt wurden (Sabaß L. et al., 2022) und unsicher gebunden waren. Und plötzlich finden wir uns als Erwachsene in einer Situation wieder, in der wir feststecken und uns fragen: Wie sind wir bloß dahingekommen? Einsamkeit durch Krankheit, Behinderung, Armut, Familienlosigkeit, Pflegetätigkeiten oder ähnliches bringen uns in eine Lage, die wir oft nicht so leicht verlassen können. Weiterlesen

Berührung heilt

Gefangen in der Uniklinik. Mit einem Gleichgewichtsnerven außer Gefecht schwanke ich mühselig von Untersuchung zu Untersuchung. Hektische Ärzte, unfreundliche Anweisungen auf dem Drehstuhl, den ich mit Schrecken im laufenden Betrieb verlasse. Warten auf dem Flur. In den Gängen Betrieb. Ungewissheit. Ich weiß nicht, was los ist, keiner sagt mir was. Die letzte Station: Ein kleiner Technikraum im Keller. Das Fenster auf, frische Morgenluft, ein paar Vögel zwitschern. Ein freundlicher Assistent. Ein ganz einfacher Mann. Die einzige Anweisung: Einige Minuten lang ruhig liegen bleiben während der Hirnstammaudiometrie. Er sitzt die ganze Zeit neben mir und sagt nichts. Er hält meine Hand. Er macht mich gesund. Am Ende stehe ich auf und fühle mich das erste Mal seit vielen Tagen wieder halbwegs sicher auf meinen Beinen.Weiterlesen

So ist Einsamkeit

Du besuchst jemanden, dessen Tisch reich gedeckt ist, während Du selbst darbst. Du kannst das das duftende Essen riechen. Du siehst, wie zufrieden der andere ist. Er hat einen Partner, Berührung, Kinder, Familie. Du klagst ihm Dein Leid. Du führst ein ausgeschlossenes Leben. Und dann stehst Du – vielleicht etwas gesättigt – wieder auf und gehst nach Hause. In die leere Kammer. Während Du weißt, oder meinst, zu wissen, dass der andere genug hat. So ist Einsamkeit. Weiterlesen

Einsamkeit und Partnersuche bei Akademikerinnen

"Könnten Sie sich vorstellen, etwas offener zu werden und sich auch nach Nicht-Akademikern bei der Partnerwahl umzuschauen?", fragt der überteuerte Coach die Chefärztin, die schon lange auf der Suche nach einem Partner ist. Die vielen Jahre des Alleinerzieh...

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Einsam – mit oder ohne Familie

„Ich habe Kinder, aber ich habe keine Familie“, sagt eine alleinerziehende Mutter. Viele können diesen Satz sehr gut nachempfinden. Wer chronisch einsam ist, ist es oft deshalb, weil er schon in unsicheren Bindungen groß wurde (Benoit und DiTommaso, 2020). Obwohl viele eine Ursprungsfamilie haben, so haben sie doch keine Familie, die auf gute Weise für sie da ist. Manche haben auch tatsächlich keine Familie (mehr). Dann ist die Versuchung groß, zu glauben: „Wenn ich eine Familie hätte oder hoffentlich eines Tages haben werde, dann geht es mir gut.“ Doch während man es denkt, begeht der vermeintlich glücklich verheiratete Nachbar, Jurist und Vater von drei gesunden Kindern, Suizid. Weiterlesen

Alleinerziehende Akademikerinnen haben ganz eigene Probleme

Schichtspezifisches Alleinerziehen – gibt es das? Ärztinnen, Lehrerinnen, Anwältinnen und hochqualifizierte Frauen anderer Berufe teilen mit Alleinerziehenden, die einen niedrigeren Bildungsgrad haben, viele Probleme. Und doch haben Akademikerinnen – auch wenn sie privilegiert sind – mit ganz eigenen Schwierigkeiten zu kämpfen. Vor allem sind Akademikerinnen auf eine gewisse Weise oft besonders einsam. Im Jahr 2019 hatten etwa 1,2% der Menschen in Deutschland eine Promotion (Statistisches Bundesamt, Destatis.de) – da kommen alleinerziehende Akademikerinnen schon aus rein statistischen Gründen seltener ins Gespräch mit anderen, die einen ähnlichen Hintergrund haben.

Meiner Erfahrung nach bleiben alleinerziehende Akademikerinnen sehr viel länger allein als Alleinerziehende mit anderen Bildungsabschlüssen. Während gebildete Männer relativ häufig auch weniger gebildete Frauen zur Partnerin wählen, fühlen sich gebildete Frauen in sehr vielen Fällen nur mit einem Partner eines ähnlichen Bildungsstandes wohl und Studien geben ihnen recht: Beziehungen, in denen beide Partner gebildet sind, gehen seltener in die Brüche (Schwartz & Han, 2014).

Akademikerinnen, die einen gebildeten Partner suchen, werden gerade im gebärfähigen Alter nur schwer fündig. Die geringe Kinderzahl unter Akademikerinnen ist oft schlichtweg darauf zurückzuführen, dass sie keinen passenden Partner finden.

Über 15 Jahre lang Single

Ein Single-Leben von 15 Jahren – also während der Jahre, in denen die Kinder groß werden – ist meiner Erfahrung nach bei Akademikerinnen keine Seltenheit. Akademikerinnen, deren Kinder noch klein sind, kehren meistens enttäuscht von Alleinerziehenden-Treffs zurück. Die Probleme, die dort besprochen werden, sind eben nicht die Probleme der Akademikerinnen, auch wenn so manche Akademikerin mit großen Geldsorgen kämpft.

Häufig können berufliche Themen nicht besprochen werden, denn die Fragen, die Betroffene haben, sind speziell: Wie schafft man die ärztliche oder psychotherapeutische Weiterbildung mit Kind, wie die Promotion? In welcher Klinik kann man als Alleinerziehende gut arbeiten? Wie lassen sich Abendseminare, Kongresse und Vortragsreisen organisieren?

Auch in Alltagsfragen stehen viele Betroffene alleine da, denn auch diese Fragen sind speziell: Wie gestaltet sich die Suche nach einem Partner, mit dem man sich wirklich austauschen kann? „Ich habe kein Problem damit , mit einer Frau zusammen zu sein, die höher gebildet als ich“, sagen manche. Doch es ist schwer zu sagen, dass es die Frau selbst ist, die jemanden sucht, der in etwa den gleichen Bildungsstand hat. Musikerinnen sind häufig gerne mit Musikern zusammen, Ärztinnen mit Ärzten. „Weil es sonst schwierig ist für den Partner, die speziellen Belange des Partners/der Partnerin zu verstehen“, hörte ich von einer Freundin.

Und manchmal gibt es auch verletzende Fragen: Wie kommt man mit den Bildungsunterschieden bei Gesprächen mit Erzieherinnen klar, die selbst manchmal schlecht mentalisieren können und stark in Normschemata denken, weil sie selbst teilweise aus bildungsfernen Schichten kommen? Nicht selten wandern Akademikerinnen mit ihren Kindern in teure Privatkindergärten ab – aber kann das die Lösung sein? Erzieherinnen brauchen selbst mehr Wertschätzung, Entlastung, Anerkennung und eine bessere Ausbildung, die auch psychoanalytisch orientiert ist, um die psychische Entwicklung von Kindern besser verstehen zu können.

Oft werden diese Bildungsunterschiede verleugnet. Die Akademikerin gerät schnell in den Verdacht, arrogant zu sein. Doch Arroganz entsteht oft in einsamen Situationen und in Situationen, in denen man sich nicht verstanden fühlt. Finden alleinerziehende Akademikerinnen zusammen, ist es für sie meistens eine große Erleichterung, festzustellen, dass andere in einer sehr ähnlichen Situation sind. Das Internet bietet hier gute Möglichkeiten, um mit anderen alleinerziehenden Akademikerinnen in Kontakt zu kommen.

Auf X (ehemals Twitter) habe ich Dr. Christine Finke kennengelernt, die den wunderbaren Blog mama-arbeitet.de betreibt. Sehr interessant war für mich auch das Gespräch mit der Tumorforscherin Professor Dr. Dr. Heike Allgayer, die ich für die Thieme-Zeitschrift XX interviewt habe.

„Ich habe ein Kind, aber ich habe keine Familie“, sagte einmal eine Bekannte. Der Schmerz der Einsamkeit kann bei sehr vielen Alleinerziehenden phasenweise sehr groß sein. Dieser Schmerz verbindet viele. Doch viele Mütter erleben auch: Der größte „Feind“ sind die anderen Mütter. Mangelerfahrungen und daraus entstehender Neid sind für viele zu bewältigen. Bildungsunterschiede machen vielen Müttern nichts aus. Nur manchmal brauchen Mütter eben Gesprächspartnerinnen, mit denen sie spezielle Erfahrungen teilen können.

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Quellen:

Christine R. Schwartz & Hongyun Han (University of Wisconsin-Madison, 2014):
The Reversal of the Gender Gap in Education and Trends in Marital Dissolution
American Sociological Review August 2014 vol. 79 no. 4 605-629
doi: 10.1177/0003122414539682
http://asr.sagepub.com/content/79/4/605

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am: 19.9.2014
Aktualisiert am 9.11.2023