Tonglen – sich öffnen für das Negative
Normalerweise wollen wir das Negative vermeiden. Wir haben Angst vor dem „Schmerzgedächtnis“, wir wollen uns „rein“ halten und positiv denken. Doch indem wir versuchen, das Schlechte von uns wegzuhalten, machen wir uns eng. Es ist außerdem ermüdend – das Schlechte ist sowieso da. Die buddhistische Nonne Pema Chödrön stellt auf Youtube die Meditationsform „Tonglen“ vor. Dabei atmest Du ein, indem Du Dir eine klaustrophobische Enge vorstellst, etwas Dunkles, Dickes, Negatives. Du leitest diese Einatmung in Deinen gesamten Körper oder auch nur in Dein Herz. Paradoxerweise lassen dadurch Engegefühle im Herzen manchmal nach.
Beim Ausatmen kannst Du Dir dann Erleichterung, Licht und Weite vorstellen, so Pema Chödrön. In ihrem Video leitet sie dazu an, beispielsweise das Leid der Mutter mit dem Einatmen aufzunehmen und beim Ausatmen an etwas zu denken, was ihr Freude bereiten würde. Pema Chödrön wählt genau dieses Bild, weil sie weiß, wie schwer es den Menschen in westlichen Kulturen fällt, sich innerlich auf diese Weise mit der Mutter zu verbinden.
Oft macht es Schwierigkeiten, beim Ausatmen an Gutes, Erleichterndes oder an Licht zu denken. Meiner Erfahrung nach kann es helfen, wenn man dies akzeptiert und sich etwas anderes für die Ausatmung überlegt, z.B. ein „Ich-weiß-es-nicht“. Entscheidend beim Tonglen ist aus meiner Sicht, das Enge, Dunkle einzuatmen. Gerade, wenn wir im Arbeitsalltag oder in Konflikten Druck erleben, kann diese Form der Meditation ein Gefühl von Stimmigkeit vermitteln.
Pema Chödrön sagt, dass es bei dieser Übung wichtig sei, der Ausatmung und der Einatmung gleich viel Zeit zu geben. Im Laufe der Übung könne sich eine Synchronisation einstellen, also ein Gleichgewicht, in dem es leicht geht, Ein- und Ausatmung zusammen mit den ausgewählten Gedanken auszuführen.