Sprechen über sexuellen Missbrauch ist schwer: Über Luftanhalten und Lähmungsgefühle bei Therapeuten und Patienten
Eine der größten Herausforderungen in der Psychotherapie ist sicher das Sprechen über sexuellen Missbrauch. Sowohl bei Psychotherapeuten als auch bei den erzählenden Patienten kann es zu einer merkwürdigen „Starre“ kommen – zu flacher Atmung und einem Gefühlsgemisch aus tiefer Scham, Neugier und Verwirrtheit. Das Besprechen der schwierigen Themen kann etwas leichter werden, wenn man sich vorher darauf einstellt, dass solche schwierigen Gefühle auftauchen können. Sie haben möglicherweise auch eine körperliche Grundlage: Beim Sprechen über die Sexualität kann das körperliche sexuelle Empfinden ganz nah sein. Es will vielleicht verdrängt werden und doch kann es sich auf merkwürdige Weise zeigen.
In dem Buch „The Science of Orgasm“ beschreiben die Autoren (Komisaruk, Beyer-Flores und Whipple, John Hopkins University 2006, S. 32) wie sich bei weiblichen Ratten ein starker inhibitorischer (hemmender) Reflex einstellt, wenn ein ganz leichter Druck auf die Zervix (also auf den Gebärmutterhals) ausgeübt wird. Die Tiere können sich dann nicht mehr bewegen – die Beine werden so steif und die Bauchmuskeln sind so angespannt, dass die Forscher in diesem Moment fast alles mit den Tieren machen können, ohne dass die Tiere sich wehren können.
Ähnlich können sich Frauen fühlen, wenn es gegen ihren Willen oder zu ihrer Überraschung zu sexuellen Annäherungen kommt: Es kann ein merkwürdiges Gefühl der Starre eintreten – ein Gefühl, nicht weglaufen zu können, nichts tun zu können. Wenn in der Psychotherapie über solche Gefühle gesprochen werden kann, kann der Weg zu wohldosierten Gesprächen geebnet werden.
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