Negative Gedanken und Gefühle stehenlassen
Manchmal fürchten wir uns vor unseren negativen Gedanken. Wir befürchten, dass sie uns schaden könnten. Besonders dann, wenn wir Schlimmes erwarten oder wenn wir schlecht über jemanden denken, den wir eigentlich mögen oder von dem wir abhängig sind. Da präsentiert uns die beste Freundin ihr Baby und wir sind neidisch. Wir lernen unseren neuen Chef kennen und denken: „Der hat aber eine kindische Art.“ Sofort schämen wir uns für unsere Gedanken oder wir befürchten, das Schlechte könnte wahr werden. Und dann wir fangen an, uns selbst zu beschneiden und zu bearbeiten: Wir verdrängen die schlechten Gedanken – sie dürfen nicht sein.
Wir werkeln an uns selbst herum
Unangenehme oder negative Gedanken und Gefühle wollen wir oft nicht haben. Ein unguter Gedanke oder ein unangenehmes Gefühl kommt uns vor wie ein Stein auf unserem Weg. Wir versuchen, unangenehme Gedanken, Wünsche oder Gefühle wegzudrücken wie unerwünschte Beulen, die immer wieder hochkommen. Wenn es uns zeitweise gelingt, das Unangenehme wegzudrücken, passiert aber oft etwas anderes: Wir geraten in Situationen, die uns unverständlich oder peinlich sind. Wir verheddern uns oder geraten ins Erklären und wissen am Ende gar nicht mehr, wie wir „so etwas Dummes“ nur sagen konnten. Die Dinge scheinen uns zu entgleiten. Was aber als Entglittenes sichtbar wird, ist in Wirklichkeit das, was wir zuvor bewusst in den Keller geschickt haben.
Stehen lassen, tolerieren, neugierig sein
Was passiert aber, wenn wir unsere unangenehmen Gedanken oder Gefühle nicht wegdrücken? Wenn wir sie einfach stehenlassen? Wir könnten uns vorstellen, dass unser „negativer“ Gedanke so etwas ist wie ein Gewürz, das neben vielen anderen Gewürzen in die Speise kommt. Dass wir diese oder jene Eigenschaft bei einem Freund nicht mögen, ist ja oft nur ein Teil des Ganzen. Es gibt oft ebenso viele positive Gedanken und Gefühle. Alle Gewürze zusammen ergeben ein Gesamtgefühl für den anderen.
Wir können den negativen Gedanken oder das negative Gefühl angucken und neugierig sein, wieso es da ist und was damit im Laufe unserer Beziehung passiert.
Begegnung mit allen Gefühlen
Wenn wir dann tatsächlich dem anderen begegnen mit all unseren Gefühlen und Gedanken – auch den schlechten – dann merken wir, dass uns die negativen Gedanken nichts anhaben können. Wir können sie dann vielleicht in einen Kontext bringen, wir können sie einordnen und verstehen. Wir müssen sie nicht vor uns selbst verstecken. Wir können aber entscheiden, ob wir sie dem anderen mitteilen oder nicht. Ob der andere merkt, dass wir auch etwas Negatives von ihm denken? Das wird vielleicht mal so, mal so sein. Unsere Gedanken und Gefühle gehören jedenfalls zu uns. Ob wir nur innerlich daran arbeiten, ob wir sie in einen Tresor schließen oder ob wir offen darüber reden wollen, entscheiden wir selbst.
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Dieser Beitrag erschien erstmals am 16.10.2013
Aktualisiert am 24.9.2014