Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT)

Die „Dialektisch Behaviorale Therapie“ (DBT) ist eine spezielle Therapie für Patienten mit Früher Störung bzw. Borderline-Störung und komplexer Posttraumatischer Belastungsstörung. Häufig schädigen sich die Betroffenen auf die verschiedenste Weise selbst und haben große Schwierigkeiten, gut für sich zu sorgen und mit anderen Menschen befriedigend zu kommunizieren. Sie können Spannungen schwer aushalten und verlieren leicht die Fassung. Die DBT soll hier rasch und konkret helfen. Die Psychologin Marsha Linehan, die selbst einmal an einer Borderline-Störung litt, hat die DBT entwickelt.

Grundlage der Dialektisch Behavioralen Therapie ist die kognitive Verhaltenstherapie. Die DBT kann mit anderen Therapieformen kombiniert werden oder Teil anderer Therapiemethoden sein.

Der Therapeut gibt dem Patienten unter anderem konkrete Anleitungen dazu, wie er emotionale Spannungen abbauen kann. Er entwickelt mit ihm sogenannte „Skills„. Die DBT ist sozusagen das „Gegenteil“ einer psychoanalytischen Therapie, weil die DBT den Patienten immer wieder bewusst von außen lenkt und dem Patienten mit Rat und Tat zur Seite steht. In der Psychoanalyse wird auf direktive Vorgehensweisen meistens verzichtet, um dem Patienten den Freiraum zu geben, durch Neugier auf sich selbst und Selbsterkenntnis zu eigenen Lösungen zu finden.

Beispiel einer therapeutischen Intervention in der DBT

Die Arbeitsgemeinschaft wissenschaftliche Psychotherapie Freiburg (AWP) Freiburg gibt auf ihrer Website (Stand 2016) ein Beispiel für eine typische therapeutische Intervention in der DBT. Hier sagt der Therapeut:

„Sie wissen, ich schätze Sie sehr, und ich bin mir sicher, dass wir auf einem guten Weg sind, und gerade des­halb muss ich reagieren, wenn Sie die Abmachungen nicht einhalten. Also wenn Sie sich das nächste Mal verletzen, ohne zumindest versucht zu haben, mich anzurufen, denke ich, wir sollten eine Stunde ausfallen lassen. Ich weiß, das klingt hart, aber Sie sind mir zu wichtig, als dass ich in diesem Punkt nachlässig sein darf.“
(Professor Martin Bohus, AWP Freiburg, Leiter des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit, ZI Mannheim)

Beziehungsentzug als „Strafe“ bei unerwünschtem Verhalten

Geht man wie oben beschrieben vor, wird meiner Ansicht nach dem Patienten und dem Therapeuten die Chance genommen, die Innenwelt des Patienten, das Verhalten und die Auslöser genauer zu verstehen. Zwar wird in der DBT auch versucht, zu verstehen, doch durch das Konsequenz-betonte Vorgehen wird die kämpferische Beziehung zwischen Therapeut und Patient zum Mittelpunkt der Therapie, während die Innenwelt des Patienten in den Hintergrund rückt. Es wird vielleicht auch übersehen, dass selbstschädigendes Verhalten durchaus auch ein Versuch der Selbstfürsorge sein kann.

Welche Therapie hilft welchem Patienten? Eine Einordnung.
Mir selbst als psychoanalytisch arbeitende Therapeutin behagt die DBT nicht. Manche Patienten sagen jedoch, sie fühlten sich in einer psychoanalytischen Therapie zu wenig gehalten. Es sei ihnen alles zu wenig konkret. Viele Patienten kommen mit einer DBT sehr gut zurecht. Manche Patienten fühlen sich damit wohl, endlich etwas „Härte“ und Konsequenzen zu fühlen und deutlich zu spüren, dass sie dem anderen (dem Therapeuten) nicht egal sind. Sie haben in der DBT das Gefühl, sich selbst wieder besser spüren zu können, weil das Gegenüber (der Therapeut) so eindeutig ist. Die konkreten Anweisungen helfen ihnen sehr. Viele gehen auch in mehreren Schritten nacheinander vor: Sie machen zuerst eine DBT und später eine Analytische Psychotherapie.

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Links:

Sameena Groves, Hilmar S. Backer, Wies van den Bosch, Alec Miller:
Dialectical behaviour therapy with adolescents
DOI: 10.1111/j.1475-3588.2011.00611.x
Child and Adolescent Mental Health
Volume 17, Issue 2, pages 65–75, May 2012
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1475-3588.2011.00611.x/abstract

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 22.7.2012
Aktualisiert am 23.9.2020

6 thoughts on “Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT)

  1. Lisi sagt:

    Ich mache Traumatherapie nach einem
    Konzept, aufgebaut auf somatic experiencing, PITT, qigong, ganz viel Verständnis, die Therapie ist mein sicherere Ort, auch als Gruppe, immer rmut zwei Therapeuten damit auch diese genug Kapazitäten haben, nie mit Druck, und vor allem braucht es Zeit, und die bekommen wir dort auch. Ich habe durch Zufall von DBT gehört, ich habe eine diagnostizierte PTSD/cptsd mit dissociativen Ansätzen, sozial Phobie und Depression und mir wurde zwischenzeitlich diese Therapie nahegelegt, um ’schnell‘ (6 Wochen) wieder auf gleich zu kommen. Ich bin jetzt seit 2 1/2 Jahren in meiner Traumatherapie, und ich bin so froh nicht gewechselt zu haben. Der Druck, etwas ’schnell‘ zu schaffen, ist sehr groß, aber gerade Traumaheilung braucht Zeit. Die wird uns oft nicht gegeben. Ich hätte nie zu DBT wechseln können, ich wäre dort untergegangen. Die Bestrafungen, das alleine gelassen werden, die Beschränkungen, die Schuldzuweisung, deuten darauf hin, dass jeder, der diese Therapie lehrt, keine Ahnung hat, was Trauma bedeutet, das es nicht (nur) ein kognitiver Vorgang ist, sondern ein physischer, vom Nervensystem gesteuerter. Ich finde DBT unglaublich gefährlich für Menschen mit Traumatas, ob cptsd oder Borderline, und das Ziel, so fühlt sich die ganze Therapie an, ist nicht, dass es dem Menschen wieder gut geht, sondern dass er sich der Gesellschaft anpassen kann, nötigenfalls mit Mitteln, die eine Retraumatisierung zur Folge hat, und alles nur, um eine Therapie zu stützen, die ’schnelle Heilung‘ verspricht. Ich finde es sehr fahrlässig den Patienten gegenüber, dass manche sich dieser Therapie aussetzen müssen, um nicht als Therapie resistent zu gelten. Es gibt auch andere Wege, sanfte, auch für die, die ‚der Gesellschaft‘ auf die Nerven gehen. Danke für diesen Artikel, und ich empfehle jedem, der Hilfe sucht und mit Traumafolgestörungen zu kämpfen hat, sich Bücher von Peter Levin und Luise Reddeman zu besorgen. Heilung ist möglich, aber sicher nicht mit den oft selben Schmerzen, die es ausgelöst hat, und sicher nicht mit DBT 🙏❤️

  2. Melande sagt:

    Hallo!

    Ich habe gerade auf meinem Wandkalender den Spruch gelesen:

    „Wenn auf der Erde die Liebe herrschte, wären alle Gesetzte entbehrlich.“
    (Aristoteles)

    Ein paar kurze Gedankenspots meinerseits:

    …………Verallgemeinerungen, theoretische Therapiemodelle, vielleicht vorschnelles Generalisieren von EINER Situation auf alle möglichen scheinbar GLEICHEN………..

    ……….sich EINFÜHLEN in den jeweiligen Menschen in der jeweiligen Situation (z.B. in die große Verzweiflung des Mädchens, das sich in den Arm ritzt, weil sie denkt, das Wochenende ohne den Vater nicht ertragen zu können)…….

    ………..der jeweilige KONTEXT, in dem das Mädchen lebt, ist gleichfalls wichtig, die Menschen, die nah um sie herum sind. Kann sie dort einen gesunden „Ersatz“ zur Selbstbeschädigung, eine Beruhigung, Tröstung finden?…….

    ……….SOWOHL ein fester Rahmen, mit den soooo viel gelobten Zeit-Strukturen, kann hilfreich sein, ALS AUCH hin und wieder ein riesengroßes, herrliches Freiheitsgefühl. Wir alle brauchen doch BEIDES …….

    Mit einem lieben Gruß von

    Melande

  3. Dunja Voos sagt:

    Liebe/r Shinobi86,
    herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar!

  4. shinobi86 sagt:

    Liebe Adele, liebe Frau Voos,

    bedauerlicherweise sind hier wichtige Aspekte untergegangen auf die ich kurz näher eingehen möchte. Man sollte nicht vergessen, dass die Borderline-Störung eine schwere Persönlichkeitsstörung ist, wenn auch gleich die Begrifflichkeit als solche sicherlich nicht gerade wertschätzend, ja sogar stigmatisierend sein kann. Nichts desto trotz, galt diese Art der Störung lange Zeit als nicht oder kaum behandelbar. Viele Betroffene waren durch ihre Symptomatik so erheblich beeinträchtigt, dass selbst die Aufnahme b.z.w das Durchhalten z.B. einer Psychoanalyse nicht möglich war. Meines Wissens hat die DBT es geschafft, vielen Betroffenen den Weg zurück in ein einigermaßen oder sogar wieder lebenswertes Leben zu ebnen. Die DBT verzeichnet nur geringe Abbrecherzahlen und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Sie ist relativ leicht anwendbar und gibt Therapeuten und Betroffenen ein nützliches Werkzeug in die Hand mit schweren emotionalen Krisen zurecht zu kommen ohne dass es zu SSV, Suizidversuchen, Klinikeinweisungen kommt oder zumindest die Häufigkeit und Schwere deutlich reduziert werden kann. Damit werden Symptome wieder beherrschbar ohne immer wieder aufs neue von diesen überwältigt zu werden und dies ermöglicht in vielen Fällen überhaupt die erfolgreiche Aufnahme und die erfolgreiche Beendigung einer psychodynamischen Therapie, wenn diese dann noch. je nach Schweregrad der Störung, angezeigt oder gewünscht ist.

    Liebe Adele, ich verstehe, dass Ihnen nicht gut dabei ist, wenn sie so soviel in ihrem Leben haben funktionieren müssen und sie dem absolut überdrüssig geworden sind. Absolut verständlich, dass solche Strukturen, wie sie die DBT Ihnen anbietet scheuen. Bitte vergessen sie dabei aber nicht, dass andere Betroffene aber nicht gut „funktionieren“ und immer wieder in schwere Krisen geraten, häufig in psychiatrischen Kliniken vorstellig werden und keinem geregeltem Alltag nachgehen können. Da Borderline-Patienten keine homogene Masse sind ist es völlig klar, dass individuell entschieden werden sollte, welche Art von Behandlung in der jeweiligen Situation anzuraten ist in Unabhängigkeit etwaiger therapeutischen Ideologien oder Überzeugungen.

    Liebe Frau Voos,

    ich bin völlig bei Ihnen wenn es Ihnen einen ungutes Gefühl macht, wenn unerwünschtes Verhalten mit Beziehungsentzug „bestraft“ wird. Mir selbst wurde sowas nie „angedroht“ und kenne auch keinen bei dem das der Fall gewesen wäre. Es ist eine Möglichkeit von vielen mit schwierigen Situationen in der Therapie umzugehen und da im Rahmen der DBT Supervisionen Pflicht sind, seien sie gewiss, dass solche Interventionen nicht leichtfertig durchgeführt werden und das dasKosten/Nutzen-Verhältnis sehr wohl Berücksichtigung findet, wenn andere Formen der Interventionen/Konfrontationen nicht erfolgreich waren. Compliance, Veränderungsmotivation, Krankheitsgewinn, Widerstand sind in jeder Therapie schwierige Größen. Ich weiß nicht mit wie vielen Borderline-Patienten sie bisher zu tun gehabt haben. Wie ich bereits ausführte, gibt es keine homogene Masse, aber es ist kein Geheimnis, dass Borderline-Patienten häufig durch ihre manchmal nachlassende Compliance auffallen, sich therapiegefährdend verhalten, sich nicht an Regeln/Vereinbarungen halten, mögliche Delinquenz und komorbide Suchterkrankung mal außen vor genommen. Das stört die therapeutische Allianz erheblich und macht diese sogar unmöglich.

    Das die DBT Selbstverletzendes Verhalten nicht auch als Ausdruck von Selbstfürsorge vesteht, dem kann ich aus eigener Erfahrung nicht zustimmen. Kurz zu meinem Background: Ich habe vor rund 8 Jahren einen 3-monatigen stationären Aufenthalt auf einer DBT-Station gehabt, anschließend ambulant mit DBT und KOP (Klärungsorientierte Psychotherapie nach Sachse) fortgeführt und befinde mich nun seit gut einem 3/4Jahr 2-3x die Woche in einer psychoanalytischen Behandlung.

    Im Rahmen meiner DBT Erfahrung gab es den Gedanken der Selbstfürsorge und es wurde sehr wohl das Innenleben des Klienten thematisiert. Das ist im Übrigen auch ein wichtiger Baustein für die die DBT ein extra „Säule“ geschaffen hat. Die Achtsamkeit. Dies hat das Innenleben des Klienten im Fokus und soll wie man in Ihrem Fachjargon sagt die Mentalisierungsfähigkeit verbessern und die Klienten dafür sensibilisieren, wann sie in „gefährliche“ Situationen kommen, was Auslöser und auch! Gründe (biographische/psychologische/soziologische/neurophysiologische Aspekte werden dabei berücksichtigt) dafür sind.
    Allerdings ist es in emotionalen Ausnahmezustände nur schwer möglich dies zu thematisieren, da die Fähigkeit der Emotionsregulation und die Fähigkeit zum Mentalisieren so arg beenträchtigt ist, dass es erstmal darum geht überhaupt wieder auf ruhige Gewässer zu kommen und Impulsdurchbrüche „abzuleiten“ um das Geschehen im Einzelgespräch mit dem Therapeuten zu verstehen. Dafür werden in aller Regel z.B. nach SSV unmittelbar vom Klienten Protokolle angefertigt und diese dann auch als Gedächtnis- und Reflexionsstütze für die Einzeltherapie genutzt. Es steht außer Frage, dass sich die Arbeitsweise in der DBT klar von der, der Psychoanalyse unterscheidet und es mag Ihnen zunächst alles sehr oberflächlich erscheinen, aber ich versichere Ihnen, dass die Therapeuten, Pfleger und Klienten dort gute Arbeit geleistet haben und sie Tag ein Tag aus vor allem mit Borderline-Patienten zu tun haben und genau wissen was sie tun.
    Bei der Aufnahme einer DB-therapeutischen Behandlung stehen vor allem immer erst mit höchster Priorität Selbstmordgedanken oder handlungen wie selbstschädigendes oder therapiegefährdenes Verhalten an erster Stelle. Wenn sich das beherrschen lässt, ist der Weg frei für Selbsterkenntnis und tiefergreifende Beziehungsthemen und Innere Welten. Für Viele ist die DBT die Endstation eines oftmals total chaotischen Lebens, aber nicht das Ende ihres Selbststudiums! Es ist der Anfang von erster Erkenntis und vor allem von Selbstwirksamkeit in einer ansonsten oftmals empfundenen Hilflosigkeit und einer oft im Anschluss folgenden erfolgreichen Psychotherapie.

    Herzliche Grüße

  5. Dunja Voos sagt:

    Liebe Adele,

    vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Einschätzung. Ich selbst halte auch nichts von Therapien, in denen ein bestimmtes Verhalten eine bestimmte „Konsequenz“ nach sich zieht. So können das Verhalten und die dazugehörigen Gefühle nicht verstanden werden.

  6. Adele sagt:

    Mir haben wurde letztens eine DBT vorgeschlagen, und da ich nicht der Typ bin, der etwas anfängt ohne vorher zugucken worauf er sich einlässt habe ich angefangen mich da etwas einzulesen. Und beim Lesen hat alles in mir laut NEIN geschrieen. Dank jahrelanger Psychotherapie habe ich eins über mich gelernt „mein ganzes Leben habe ich super funktioniert, um anderen möglichst keine Probleme zumachen“.

    Schon als Kind und Jugendlicher war ich selbstständig und autark. Habe immer geleistet. Und dann eine Therapieform, in der man brav funktionieren soll? Ich hatte beim Lesen das Gefühl, da soll ein Wille gebrochen werden. Jeder Widerstand und jede Abwehr wird sanktioniert. Therapieschädigendes Verhalten wird bestraft. Schweigen in der Therapie wird bestraft. SVV (Selbstverletzendes Verhalten) wird bestraft- habe ich mich nicht gerade selbst bestraft?

    Ich bin noch immer dankbar für die Stunden, die meine Therapeutin mit mir geschwiegen hat, bei mir war und mich hielt, wenn ich keine Worte fand. Für die Stunden in der Woche in der ich nicht beurteilt wurde.

Schreibe einen Kommentar