Traumverschiebung: Warum träumen wir so wenig konkret von unserem Körper?

Wenn wir träumen, träumen wir meistens nicht konkret von dem, was wie meinen. es findet meistens eine „verschiebung“ statt. doch warum? ich denke da oft an unser menschliches auge: an der stelle, an der der sehnerv ins auge tritt, sind die meisten nervenfasern vorhanden, doch genau da ist unser blinder fleck. . der punkt des schärsten sehens liegt danebenträume vom körper sehen z.b. so aus: die blase ist voll und wir laufen im traum durch ein gebäude, um eine toilette zu suchen. oder wir träumen von einer wand, an der wasser hinunter läuft. einmal tastete ich beim einschlafen mein schlüsselbein, mein schulterblatt und das weiche gewebe dazwischen ab und träumte dann, dass ich den vorderreifen meines fahrrads zwischen zwei stahl-fahrradständern in die mittige spur bzw. kuhle platzieren wollte.

bei der träumerischen beschäftigung mit unseren knochen träumen wir vielleicht von weissen, harten wänden. im einschlafen das männliche glied zu berühren kann zu traumbildern von bananen führen – so merkwürdig das auch klingt: unseren körper verträumen wir häufig als räume, landschaften, materialien und vielem mehr, doch seltener träumen wir vom Körper konkret.

wenn wir konkret vom körper träumen, dann vielleicht, wenn die reize sehr stark sind. beispielsweise können wir von einer beginnenden geburt träumen, während der menstruationsschmerz sich im schlaf bemerkbar macht. oder wir verlieren im traum einen zahn, wenn wir gerade mit einem kranken zahn zu kämpfen haben.

Sigmund Freud sagte zur Traumarbeit (1916/17):
„Die erste Leistung der Traumarbeit ist die Verdichtung. …
Die zweite Leistung der Traumarbeit ist die Verschiebung. … wir wissen ja, sie ist ganz das Werk der Traumzensur. Ihre beiden Äußerungen sind erstens, daß ein latentes Element nicht durch einen eigenen Bestandteil, sondern durch etwas Entfernteres, also durch eine Anspielung ersetzt wird, und zweitens, daß der psychische Akzent von einem wichtigen Element auf ein anderes, unwichtiges übergeht, so daß der Traum anders zentriert und fremdartig erscheint…
Die dritte Leistung der Traumarbeit ist die psychologisch interessanteste. Sie besteht in der Umsetzung von Gedanken in visuelle Bilder. Halten wir fest, daß nicht alles in den Traumgedanken diese Umsetzung erfährt; manches behält seine Form und erscheint auch im manifesten Traum als Gedanke oder als Wissen; auch sind visuelle Bilder nicht die einzige Form, in welche die Gedanken umgesetzt werden. Aber sie sind doch das Wesentliche an der Traumbildung; dieses Stück der Traumarbeit ist das zweitkonstanteste, wie wir schon wissen, und für einzelne Traumelemente haben wir die »plastische Wortdarstellung« bereits kennengelernt.“
Sigmund Freud: 11. Vorlesung: Die Traumarbeit. 1916/17
https://www.projekt-gutenberg.org/freud/vorles1/chap011.html

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links:

Wolfgang Leuschner (2011):
Einschlafen und Traumbildung
Psychoanalytische Studie zur Struktur
Und Funktion des Ichs und des Körperbildes im Schlaf
Brandes & Apsel, 2011, Sigmund-Freud-Buchhandlung

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