Wann wippen wir mit dem Oberkörper vor und zurück? Wann wippen wir seitwärts?
Wenn wir grossen Kummer oder Schmerzen haben, knien wir uns mitunter hin und wippen vor und zurück. Kleine Kinder, die verwahrlost und alleingelassen sind, wippen ebenfalls vor und zurück. Dies kann ein Zeichen des „Hospitalismus“ sein, also eines Zustandes, der in Isolation entstehen kann. Das Wippen erinnert das Kind vielleicht an das frühe Geschaukeltwerden im Leib oder in den Armen der Mutter. Das Wippen wirkt schmerzstillend, beruhigend und bindungsfördernd – Endorphine und das Bindungshormon Oxytocin können infolge des Wippens ins Blut ausgeschüttet werden (Ignaz Roob, 2015). Auch einige Kinder mit schwerem Autismus wippen vor und zurück.
Ein Seitwärts-Wippen von links nach rechts tritt mitunter bei Scham und Unsicherheit auf („Ich weiss nicht recht“). Bei einem chronisch psychotischen Patienten konnte ich recht häufig beobachten, wie er mit dem Oberkörper seitwärts wippte – möglicherweise waren diese Bewegungen als Nebenwirkung von Neuroleptia zu verstehen (Dyskinesien). Seitwärtsbewegungen werden auch als Folge von Typhus beschrieben.
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Links:
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Rocking chair therapy for dementia patients:
Its effect on psychosocial well-being and balance.
American Journal of Alzheimer’s Disease. 1998;13(6):296-308.
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Typhus und das Nervensystem
Untersuchungen an Genesenden
November 1914 bis November 1915
Aus einem Militär- und Gesnesungsheim
„Seitwärtsbewegungen des Rumpfes“ werden auf S. 21 beschrieben.
Karger, Berlin 1917: S. 21
Tardive Dyskinesia (Spätdyskinesie)
„Sway from side to side.“ (to sway = schwanken taumeln)
WebMD 12.1.2023
Ignaz Roob (2015)
Ein psychomotorischer Blick auf die Neurowissenschaften
motorik, Jahrgang 38, Ausgabe 4, Oktober 2015: Seiten: 164-170
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Loneliness in Infancy: Harry Harlow, John Bowlby and Issues of Separation.
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„It was only later that he realized that, although the baby monkeys were physically perfectly healthy, there behavior was very abnormal: they exhibited weird stereotypic behaviors, sucking their fingers and toes, and rocking back and forth.“
Peter G. Hepper
Memory in utero?
Developmental Medicine and Child Neurology (DMCN)
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Physiological Consequences of its Deprivation and Expression
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Evaluation and Treatment
„Trunk rolling and fidgeting movements of the upper limbs may also be seen.“
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 1.5.2023
Aktualisisert am 18.3.2025