Einsamkeit lindern: Es ist ot schwer, die emotionale Verbindung zu sich und anderen zu finden

Jedes Lebensschicksal ist einzigartig und hoch individuell. Wir laufen so oft mit unserem schwer aushaltbaren Zustand umher. „Je tiefer die Wunde, desto privater der Schmerz“, las ich einmal. Das ganz individuelle Grausame, der ganz individuelle Mangel, quält uns und trennt uns vom anderen, so meinen wir. Gleichzeitig kann es aber genau dieses quälende Gefühl sein, das uns mit anderen Verzweifelten verbindet. Wenn wir darüber nachdenken, dass dieses Grundgefühl bei jedem Schicksal sehr ähnlich sein kann, fühlen wir uns von anderen Einsamen, von anderen Menschen, vielleicht nicht mehr so abgetrennt.

Es gibt Menschen, die sich fast nie einsam fühlen (sagen sie jedenfalls). Sie hatten meistens Eltern, die sich gut in sie einfühlen konnten – oder sie hatten zumindest einen guten Menschen, der ihnen viel bedeutete. Beneidenswert!

„Ich bin ganz schrecklich einsam“, sagt eine Frau im Krankenhaus. „Obwohl mein Mann mich jeden Tag besuchen kommt. Manchmal meine ich, das macht es sogar noch schlimmer!“ Diese Frau fühlt sich einsam, seit sie denken kann. Ob allein oder in Gesellschaft – immer hat sie das Gefühl, dass ihr etwas ganz schrecklich fehlt. Anders ihre Bettnachbarin. „Ich fühle mich nie einsam“, sagt die Alte fast vergnügt. Was für ein Schmerz.

Was ist das Schlimmste, das einem Menschen passieren kann? Krieg? Vergewaltigung? Mörderische Angriffe durch die eigene Mutter? Jahrelange Vojta-Therapie? Mobbing? Verlust des Kindes? Verlust des Partners? Wenn wir anfangen, Schmerz und Leid messen zu wollen, wenn wir unser Leiden dem des anderen gegenüberstellen, dann fügen wir uns selbst weiteren Schmerz zu. Es kommt auf den inneren Schmerz an. Und dieser ist bei Menschen, die Schlimmes erlebt haben, oft vergleichbar.

Verbunden im Schmerz

„Wut schmeckt allen Menschen gleich“, heißt es – wie sich eine Panikattacke anfühlt, kann fast jeder, der schon mal eine Panikattacke hatte, nachvollziehen. Aus welchem Grund die Panikattacke gerade stattfindet, ist in jedem Fall ein anderer. Aber das Gefühl ist vergleichbar. Mit diesem Gedanken kann man sich einander annähern. Viele fühlen sich getröstet, wenn sie eine „Lobby“ oder eine Selbsthilfegruppe gefunden haben. Doch viele distanzieren sich dennoch voneinander, wenn sie sagen: „Mein Schmerz ist schlimmer, du kannst meinen nicht nachvollziehen!“ Das stimmt und stimmt gleichzeitig nicht.

Wenn man es emotional schafft, zu sehen, dass jeder Mensch in seinem Schmerz eben „am schlimmsten dran ist“, dann kann man sich vielleicht mit anderen Menschen verbundener zu fühlen. Der andere spürt, dass ich seinen und meinen eigenen Schmerz anerkennen kann. Es gibt viele verschiedene Wege, Verbindungen zu finden – manche machen lange Reisen, leben im Kloster, widmen sich der Kunst, lernen Yoga oder machen eine Psychoanalyse. Besonders wichtig ist auch das Träumen: Wie und wo fühle ich mich am wohlsten? Welche Schätze und Fähigkeiten finde ich in mir selbst, die ich leben möchte? Die Antworten können je nach Alter und Lebenssituation immer wieder anders aussehen. Oft hilft Warten. Langes Warten.

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 25.3.2018
Aktualisiert am 19.2.2025

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