Neid – das Spiegelgefühl zu Schuld

Neid kann ins Unermessliche wachsen. Du spürst ihn vielleicht im Magen. Er bringt Dich fast um. Der Zufriedene, der Wohlhabende, der Gesunde sieht, wie Du neben ihm langsam zu vergehen scheinst. Er fühlt sich schuldig. Manchmal ist vielleicht auch jemand neben Dir, der Dich beneidet. Dann fühlst Du Dich vielleicht schuldig. Wenn Du einen nahestehenden Menschen verloren hast, fragst Du Dich vielleicht: „Warum durfte ich überleben, aber er nicht?“ Deine Schuldgefühle können dann sehr stark werden und es kann ein schwieriger Kreisluaf entstehen.

Wenn Du Dich schuldig fühlst, möchtest Du Dich vielleicht selbst bestrafen. Vielleicht verhältst Du Dich ungesund, baust einen Unfall oder fällst durch die Prüfung. Damit versuchst Du irgendwie, etwas wiedergutzumachen, z.B. dass Du eine Überelebende bist, während ein anderer nicht leben durfte. Irgendwann aber folgt der Ärger darüber, dass Du Dich selbst so ausbremst. Das kann dann wie ein Türöffner sein: Du versuchst Dich, von Deinem selbstbestrafenden Verhalten zu lösen, auf Deinen eigenen Weg zurückzukommen und nach vorne zu schauen.

Wer Neid hervorruft, fühlt sich schuldig

Wenn es Dir gut geht, merkst Du vielleicht manchmal, dass Du gewollt oder ungewollt den Neid der anderen erweckst. Manchmal fördern und genießen wir es, dass andere uns beneiden. So verhalten wir uns, wenn wir ein tieferes Unglücklichsein übertünchen wollen. Manchmal aber tun wir auch nichts und werden dennoch beneidet.

Vielleicht fühlst Du Dich für Deinen Erfolg in dem Moment schuldig, in dem Dich ein anderer darum beneidet. Doch auch der Neider kann sich schuldig fühlen, denn Neid ist ein aggressives Gefühl.

„Da will ich auch hin!“, denkst Du, wenn Du neidisch bist. Doch es stellt sich die Frage, ob Du es selbst dorthin schaffen kannst, wohin der andere es geschafft hat. Manches haben andere einfach geschenkt bekommen – Gesundheit oder materiellen und emotionalen Reichtum von den Eltern. Dann kann es schwer sein, dorthin zu kommen, wo der andere steht, weil man sich Manches nur schwer erarbeiten kann. Und das kostet Zeit.

Neid kann wie Hunger ein Zeichen echten Mangels sein. Neid ist der Hunger der Seele. Doch Du kannst Deine Gefühle bewusst wahrnehmen. Du kannst sie untersuchen und interessant finden. Du kannst Dich an ihnen reiben und bewusst an ihnen leiden.

Rauskommen

Du kannst die unangenehmen Gefühle akzeptieren und da lassen, wo sie sind. Vielleicht kannst Du sie verdauen. Du kannst abwarten. Gefühle kommen und gehen. Du kannst auch versuchen, diese unangenehmen Neid- und Schuldgefühle bewusst loszulassen, indem Du den Blick auf Dich selbst lenkst. Ein Cappuccino schmeckt auch, wenn Du neidisch bist oder Dich schuldig fühlst. Ein schönes Licht kann trösten – ebenso wie der Kontakt zu guten Menschen, denen es ebenso geht wie Dir und die gute Wege für sich gefunden haben.

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Links:

Steffen Ahrens , Dennis Snower:
Envy, Guilt, and the Phillips Curve
Kiel Working Paper No 1754, Januar 2012
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0167268113003132
„Workers with relatively low incomes experience envy, whereas those with relatively high incomes experience guilt.“

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 22.11.2014
Aktualisiert am 24.6.2024

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