System overload (SOL): Über das Zuviel
Wenn uns etwas zu viel wird, dann sagen wir: „Ich hab‘ den Kaffee auf! Mir reicht’s! Ich hab‘ die Nase voll!“ So können wir es bewusst ausdrücken. Wenn uns unbewusst etwas zu viel wird, passiert etwas Subtileres. Der amerikanische Psychoanalytiker Robert Langs (1928-2014) beschreibt sehr anschaulich, was passiert, wenn unser Unbewusstes ein „System overload“ (eine System-Überladung, SOL) erleidet. Robert Langs erklärt, dass eine Überladung/Überforderung des tiefen unbewussten Systems (Deep Unconscious System, D-UCS) oft nur durch Hinweise erkannt werden kann. Es sieht dann aus wie eine emotionale Störung. Der Betreffende kann seine Rollenfunktion nicht mehr aufrecht erhalten.
Eigentlich, so Langs, sei jedes „Emotions-basierte Symptom“ ein Zeichen für Overlaod („In one sense, virtually every emotionally based symptom is a reflection of a measure of SOL.“ Robert Langs: Science, Systems and Psychoanalysis, Karnac Books 1992, S. 154). Ich denke, es ähnelt dem, was Eckhart Tolle als „Pain Body“ bezeichnet.
Jedes System hat eine Obergrenze für die maximal aushaltbare Ladung, bevor es von seiner normalen Funktion zur „SOL-Funktion“ (Funktionsweise während des „Zuviels“) shiftet. Dann zeigen sich pathologische Abwehrmechanismen sowie ein System- und Subsystem-Shutdown. Es komme dann mehr aus „pathologischen Output-Channels“ heraus, so Robert Langs (S. 165).
Manchmal werde das System-Overload maskiert durch ein „System-Shutdown“, das folgt, wenn der Input zu groß ist (S. 184). Werde ein System-Overload nicht erkannt, so Langs, könnten viele unerklärliche Therapiephänomene auftreten: offene Ablehnung oder Verleugnung, körperliche Flucht sowie die Verweigerung, sich mit bestimmten Themen zu beschäftigen. Diese Vorgänge sind dem Betroffenen oft nicht bewusst oder aber er bemerkt sie und weiß nicht, warum er so reagieren muss. Ein System-Overload oder Shutdown des Analytikers kann dazu führen, dass er eigene verwundbare Felder umgeht.
Die Ladungskapazität eines Patient-Therapeuten-Systems ist veränderlich und bestimmt mit, wie sich die Therapie entfaltet.
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Dieser Beitrag wurde erstmals verfasst am 7.5.2018
Aktualisiert am 7.7.2023