Panik? Das ist wie weg sein, obwohl man noch da ist
„Es ist dann, als wäre ich eine leere Hülle. Um mich herum die Welt erscheint mir fremd und ich selbst fühle mich, als könnte mich niemand mehr verstehen. Ich könnte noch zum Telefon gehen, um den Notarzt zu rufen, aber die Menschen würden nicht kapieren, was mit mir los ist. Getröstet und verstanden zu werden ist unvorstellbar. Ich habe Angst, dass Rettungssanitäter mich zwingen würden, mitzukommen und mir alles Mögliche verabreichen würden. Es gibt in meiner Vorstellung im Moment der Panikattacke keine Hoffnung, keine Beruhigung, keine Berührung und keine Verbindung. Da ist nur Leere ohne Halt.“
Mit diesen Worten beschreibt eine Erwachsene ihre Panikattacken. Sie wuchs in einer alkoholkranken Familie auf. Da gab es viele Tage, an denen beide Eltern nicht ansprechbar waren. Ein Kind erlebt so etwas wie eine absolute Haltlosigkeit.
Als Kinder bauen wir unsere Eltern in unsere Psyche ein. Es sind die ersten Bezugspersonen, die wir haben und wir behandeln uns selbst so wie wir behandelt wurden. Dadurch kommt es, dass manche Menschen mehr, andere weniger Halt in sich verspüren. Wenn wir das innere Bild haben, dass da keiner ist, der sich um uns kümmert, fühlt sich das haltloser an als wenn wir jemanden in uns aufnehmen konnten, der uns hielt und verstand, uns dabei aber gleichzeitig frei und in Ruhe ließ.
Du willst gehalten, aber nicht festgehalten werden.
Hilfe
Erwachsene Kinder von psychisch kranken Eltern leiden besonders häufig unter langanhaltenden Panikattacken, die sich furchtbar anfühlen. Was uns hilft, danach müssen wir ein Leben lang immer wieder suchen. Manchmal können starke körperliche Reize die Angstwelle etwas abmildern. Frische Luft, scharfes Essen, körperliche Bewegung, eine heiße Dusche oder auch Wut oder Neid führen dazu, dass der eigene Körper wieder spürbar wird.
Obwohl wir manchmal Angst davor haben, uns selbst wieder zu spüren, kann das Selbst-Gespür doch dazu führen, dass unsere Angst wieder nachlässt.
Am besten helfen uns die Beziehungen zu guten und (herzens-)gebildeten Menschen. In einer Analytischen Psychotherapie können wir eine intensive Beziehung zum Therapeuten aufbauen. Die Analytische Psychotherapie wird von den gesetzlichen Krankenkassen oft finanziert. Hier ist es möglich, über viele Jahre eine neue, verlässliche und verstehende Bezugsperson in seine Seele aufzunehmen und damit neue Repräsentanzen zu bilden, die Halt geben. Irgendwann können wir uns wieder fühlen wie ein Schiff, das im Hafen angekommen ist. Wir können eine innere Substanz aufbauen, die sich gut und sicher anfühlt. Auch wenn wir so richtig wütend oder neidisch werden, können wir uns selbst gut spüren. Weitere Tipps gegen Panikattacken findest Du auch hier.
Verwandte Artikel in diesem Blog:
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- Tipps bei Panikattacken
- Können Körperhaltungen im Schlaf nächtliche Panikattacken auslösen?
Buchtipps:
Dunja Voos:
Tritt aus dem Schatten Deiner Angst
Humboldt-Verlag, 2023, lovelybooks
Dunja Voos:
Die eigene Angst verstehen.
Psychosozial-Verlag 2015
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 30.3.2015
Aktualisiert am 9.7.2023
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2 thoughts on “Panik? Das ist wie weg sein, obwohl man noch da ist”
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Liebe Amaryllis,
vielen Dank für Ihren berührenden Kommentar – ich freue mich über Ihre guten Worte. Vielen Dank!
Liebe Frau Voos,
vielen Dank für Ihren Beitrag, von dem ich mich sehr verstanden fühle.
Ich habe vor ein paar Wochen eine dreijährige Analyse beendet und leider ist genau dieses haltlose Gefühl von Panik, das mich als Kind so oft begleitet hat, zurückgekommen. Ich muss gerade kämpfen, um die Verbindung zur Welt zu halten. Es fühlt sich an wie weit draussen im Meer schwimmen und strampeln, um nicht unterzugehen — ohne Land in Sicht.
Dass die Trennung schwer wird, habe ich erwartet. Dass sie soviel Angst auslöst, hat mich, obwohl es zu meiner Lebensgeschichte passt, überrascht. Ich vermisse meine Analytikerin sehr, ihre ruhige Art, ihr Verständnis. Manchmal fühle ich mich deswegen schlecht. Das Ende der Analyse sollte doch der Auftakt zu einem neuen, spannenden Lebensabschnitt sein. Und ich stecke in dieser Angst fest und wünsche sie mir die Stunden auf der Couch zurück.
Wenn ich nicht schlafen kann, hilft es mir manchmal, Ihr Blog zu lesen. In Ihren Beiträgen finde ich eine Art Echo von dem, was in der Analyse stattgefunden hat. Das hilft mir, mich an das Gute zu erinnern.
Herzlich,
Amaryllis