Traumatische innere Bilder – bringen sie mich um oder hilft der Alltag?
Psychische Traumata können tödlich sein. Sie führen zu einem empfindlichen Nervensystem. Sie belasten das Herz. Traumatische innere Bilder kehren immer wieder zurück. Sie sind in mir. Und ich spüre mich abgegrenzter denn je. Keiner kann sie mir abnehmen. Sie lassen sich nicht im MRT darstellen und nicht weg-erzählen. Sie sind kein Hirntumor. Und doch wirken sie maligne. Ich spüre es an meinem Herzen, an meinem inneren Druck. Mit der Seele ist es wie mit der Haut: Auch, wenn ich weiß, dass meine offene Haut vom Stress kommt, so wird sie dadurch nicht besser. Ich bin gefangen mit mir, in mir, mit diesen Bildern und Empfindungen.
Der Alltag kommt mir zuhilfe. Ein guter Milchkaffee schwächt die inneren Bilder ab. Augenbewegungen verscheuchen sie, die Arbeit und das ZDF-Morgenmagazin bringen Erleichterung. Doch nachts kommen sie wieder, die Bilder. In der dunklen Jahreszeit besonders. Im Alleinsein oder Zuzweitsein. Manchmal helfen Körperbewegungen. Und manchmal, wenn ich in der Sonne liege, sind sie einfach weg.
Wenn ich spüre, dass sie mein Leben verkürzen könnten, diese inneren Bilder, dann werde ich sauer. Und verzweifelt. Ich kann mir selbst zugucken, wie ich wie eine Sanduhr ablaufe. Das Maligne hat ein Eigenleben. Es ist lebendig. Und wenn ich es so nicht haben will, mache ich es nur schlimmer. Das einzige, das vielleicht hilft, ist die gute innere Stimme und das Mitgefühl. Das Mitgefühl betrachtet das Maligne und das, was dadurch eingeht in mir, mit einem mitfühlenden Blick.
Kommentar: Menschen mit schweren Traumata finden ihren Weg manchmal in die Psychoanalyse. Die Psychoanalyse kann das Geschehene nicht wegmachen. Doch es hilft die Tatsache, dass ein anderer „weiß“. Die Gabe, sich selbst innerlich zu beobachten und still zu werden, wächst. Und manchmal, in der Stille, lässt sich spüren, wie das Schlimme nachlässt, wenn man es lässt.
Buchtipp:
Dunja Voos:
Schatten der Vergangenheit.
Trauma liebevoll heilen und innere Balance finden
amazon, 2020
Literatur:
Phaedra S. Corso, Valerie J. Edwards, Xiangming Fang, and James A. Mercy, 2008:
Health-Related Quality of Life Among Adults Who Experienced Maltreatment During Childhood
American Journal of Public Health 98, 1094_1100
https://doi.org/10.2105/AJPH.2007.119826
S. Huth und J. Barth (2011):
Takotsubo-Kardiomyopathie nach emotionalem Trauma
Takotsubo cardiomyopathy after emotional trauma
Trauma und Berufskrankheit volume 13, pages292–295 (2011)
https://link.springer.com/article/10.1007/s10039-010-1708-6
Abraham Sagi-Schwartz et al. (2013):
Against All Odds: Genocidal Trauma Is Associated with Longer Life-Expectancy of the Survivors
PlosOne, Published: July 24, 2013
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0069179
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0069179
Berntsen D et al. (2002):
Emotionally charged autobiographical memories across the life span: The recall of happy, sad, traumatic and involuntary memories.
Psychology and Aging, 17(4), 636–652
https://doi.org/10.1037/0882-7974.17.4.636
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 30.11.2022
One thought on “Traumatische innere Bilder – bringen sie mich um oder hilft der Alltag?”
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Dieser Beitrag tut mir sehr gut. Ich werde weiterführende Impulse daraus nehmen, um zu lernen, mich meinem verletzten und irritierten Innerem liebevoll zuzuwenden.
Danke!
Melande