Berührung beruhigt – sie gleicht Herzschlag und Atmung zwischen zwei Lebewesen an

Wenn Du überwiegend gute Bindungen in Deiner Kindheit erfahren hast, wirst Du Berührungen wahrscheinlich genießen können. Wenn Du weniger gute Erfahrungen gemacht hast, bist Du vielleicht vorsichtiger. Dennoch sehnst Du Dich wahrscheinlich nach Berührung. Wenn Du keinen anderen Menschen hast, den Du berühren kannst und der Dich berührt, kann auch ein Haustier für Wohlbefinden sorgen. Verschiedene Studien mit Katzen konnten zeigen, dass sie beruhigend und stimmungsaufhellend wirken. Das Streicheln eines Tieres kann möglicherweise ebenso beruhigen wie die Berührung eines anderen Menschens. Der Wissenschaftler Pavel Goldstein und seine Kollegen (2017) haben erforscht, wie Berührung Schmerz lindern kann, aber auch, wie sich die vegetativen Reaktionen zweier Menschen bei Berührung aufeinander abstimmen.

Gute Berührung macht, dass wir uns wohl fühlen. Verschiedene Beschwerden können unter Berührung nachlassen. Schon die Anwesenheit eines Partners kann Schmerzen reduzieren, jedoch ist Berührung wirkungsvoller, wie Goldstein und Kollegen herausfanden. Wenn wir uns berühren, werden wir sensibler für den anderen. Allerdings wirkt die Berührung nur dann besonders schmerzlindernd, wenn der Berührende mit uns mitfühlen kann.

Ist der Partner empathisch, so kann sich die Atmung der beiden Partner angleichen. Die Forscher beobachteten, dass der mitfühlende Partner dann von der Ausatmung zur Einatmung wechselt, wenn der andere Partner einatmet. Auch die Herzfrequenzen nähern sich an. Je empathischer der Partner, desto stärker die Angleichung. Die Studie zeigt: Berührung kann die nichtsprachliche, vegetative Kommunikation zwischen Partnern verbessern, besonders dann, wenn einer der Partner Schmerz empfindet. So kann der andere Partner (der Berührungs-Geber) deutlicher reagieren und seine Empathie besser in den leidenden Partner projizieren, was wiederum einen schmerzlindernden Effekt hat.

Wie das Gehirn reagiert

Wenn ein Mensch leidet, kann das eine emotionale Resonanz im Beobachter auslösen. So zeigt der Beobachter ähnliche Hirnreaktionen wie der Leidende (z.B. im vorderen Cingulum und in den Inselrinden). Auch die Regionen, in denen die „Spiegelneuronen“ liegen, reagieren (z.B. die untere parietale Hirnrinde). Bei der Synchronisierung von Herzschlag und Atem sowie bei der Schmerzlinderung durch Berührung könnte das Hormon Oxytozin eine Schlüsselrolle spielen. Eine warmherzige Berührung kann die Konzentration von Oxytozin im Blutplasma erhöhen und Stress sowie Depressionen lindern (Literaturziffern 78 und 79 in der Goldstein-Studie).

„Allein die bloße Verbindung zwischen zwei Menschen führt zur Synchronisation (der Körpervorgänge).“
„According to this explanation, the mere connection between objects creates synchrony between these objects.“ (Goldstein-Studie, 2017)

„Sei ganz du selbst“

Wenn wir mit anderen Menschen zusammen sind, dann sind wir anders, als wenn wir mit uns alleine sind. Manchmal sagen wir uns: „Sei ganz du selbst“, bevor wir den anderen treffen oder auf eine Gruppe stoßen. Doch wenn man bedenkt, dass sich sogar die körperlichen Vorgänge verändern, wenn wir mit anderen Menschen zusammen sind, dann sollte es uns auch nicht wundern, wenn wir uns psychisch verändern. „Sei ganz du selbst“ ist im Alleinsein etwas anderes als in der Gruppe.

„Considering that human behavior is fundamentally different when we are interacting with others rather than merely observing ourselves, here we investigate physiological response using a paradigm that also considers social contexts. Since physiological resonance has important evolutionary significance for animals and humans (Literatur: 84, 85, 86) investigation of inter-personal coupling provides an interesting opportunity to understand our behavior in the natural social environment.“ (Goldstein et al. 2017)

Verwandte Artikel in diesem Blog:

Links:

Pavel Goldstein et al. (2017, Universität Haifa, Israel):
The role of touch in regulating inter-partner physiological coupling during empathy for pain
Scientific Reports 7, Article number: 3252 (2017)
doi:10.1038/s41598-017-03627-7
www.nature.com/articles/s41598-017-03627-7

Takumi Nagasawa et al. (2020):
Effects of the characteristic temperament of cats on the emotions and hemodynamic responses of humans.
PlosOne https://doi.org/10.1371/journal.pone.0235188
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0235188

Mueller, Stephanie Margarethe (2023):
Social Touch and Touching Patients.
In: Human Touch in Healthcare.
Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67860-2_5
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-67860-2_5

Ai Kobayashi et al. (2017):
The Effects of Touching and Stroking a Cat on the Inferior Frontal Gyrus in People
Anthrozoös, Volume 30, 2017 – Issue 3
https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/08927936.2017.1335115

Dieser Beitrag erschien erstmals am 18.9.2017
Aktualisiert am 20.11.2023

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