Psychischer Befund – ein Beispieltext. Mit formalen und inhaltlichen Denkstörungen

Als Psychotherapeut muss man in Arztbriefen/Patientenberichten einen „psychischen Befund“ formulieren. Hier ein typischer, erdachter Beispieltext (unabhängig davon, ob gut oder schlecht), wie man ihn in vielen Berichten findet:

„Zum Aufnahmegespräch kommt ein groß gewachsener, untergewichtiger, gepflegter aber entzügiger (Anm. „Fachwort“ der Psychiater) 47-jähriger Patient, der sich in allen Qualitäten (= zeitlich, örtlich, situativ, zur Person) scharf orientiert darstellt. Im Kontaktverhalten zeigt er sich freundlich. Er beantwortet die Fragen der Exploration detailgetreu. Mnestische Funktionseinbußen sind klinisch nicht objektivierbar. Das formale Denken ist geordnet. Keine Befürchtungen oder Zwänge, kein Hinweis auf psychotisches Erleben oder Ich-Erlebnis-Störungen. Keine Hinweise auf akute oder latente Suizidalität. Die affektive Schwingungsfähigkeit ist eingeschränkt, der Patient wirkt niedergeschlagen.“

Diese Faktoren können zum psychischen Befund gehören:

  • Bewusstsein: klar, benommen, somnolent, soporös (= präkomatös, nur noch auf starke Reize reagierend), komatös
  • Orientierung: zeitlich, örtlich, situativ, biografisch, zur Person
  • Auffassung: intakt, erschwert, verzögert, bruchstückhaft, aufgehoben
  • Merkfähigkeit: erhalten, gestört
  • Altgedächtnis
  • formales Denken (z.B. Denkablauf gehemmt, verlangsamt, „formalgedanklich beschleunigt“, sprunghaft, zerfahren, „assoziativ gelockert“)
  • inhaltliches Denken (z.B. Wahn, überwertige Ideen)
  • Wahrnehmung
  • Stimmungslage
  • affektive Modulation (wie gut kann der Patient seine Affekte steuern?): erhalten, reduziert, aufgehoben, affektlabil, affektinkontinent
  • Antrieb
  • Verhalten
  • Psychomotorik (z.B. agitiert)
  • Kontakt
  • Rapport: flüssig, zögernd, lückenhaft, unwillig
  • Intelligenz
  • Kritikfähigkeit
  • Selbstgefährdung (Suizidgedanken, Suizidimpulse, (para-)suizidale Handlungen)
  • Fremdgefährdung (noch kontrolliert, unkontrolliert)

Formale und inhaltliche Denkstörung

Eine formale Denkstörung (englisch: Formal Thought Disorder, FTD) besteht, wenn der Ablauf der einzelnen Gedanken gestört ist. Das Denken kann z.B. verlangsamt sein. Es kann sein, dass die Gedanken abreißen (Gedankenabriss wie z.B. bei Professor Hastig aus der Sesamstraße, Youtube) – der Betroffene erzählt die Gedanken nicht zu Ende. Das Denken kann perseverierend (= auf der Stelle stecken bleibend, sich wiederholend), gehemmt, ideenflüchtig oder auf ein Thema eingeengt sein. Ist das Denken „inkohärent“ (= „zerfahren“, zusammenhangslos), gibt es manchmal Wortsalat. Bei der Ideenflucht springt der Betroffene rasch von einem zu einem nächsten, völlig neuen Gedanken.

Wenn man das Gefühl hat, die Gedanken drängen sich quälend auf, spricht man von „Gedankendrängen“. Fragt man etwas und der Betroffene antwortet etwas, das sich nicht auf die Frage bezieht, ist es ein „Vorbeireden“. Auch das Grübeln oder das Erfinden neuer Wörter (Neologismus) gehört zu den formalen Denkstörungen. Dem gegenüber steht die inhaltliche Denkstörung.

Bei der formalen Denkstörung haben wir z.B. feste Sätze (Gedanken). Ein Satz kann gedehnt oder gequetscht werden. Der nächste Satz kann in den vorherigen hineinfahren oder erst stockend kommen. Die Sätze können aber an sich sinnvoll und „normal“ sein. Bei der inhaltlichen Denkstörung (Content Thought Disorder, CTD) ist der einzelne Gedanke schon unlogisch, z.B. wenn man von Ufos im Eiscafé erzählt. Wahnvorstellungen sind eine „inhaltliche Denkstörung“. Häufig treten inhaltliche und formale Denkstörungen zusammen auf.

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Link:

AMDP Rating-Bögen
Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie e.V.
http://www.amdp.de

Joana Jeronimo et al. (2018):
Formal Thought Disorders–Historical Roots
Front Psychiatry, Volume 9, 2018
https://doi.org/10.3389/fpsyt.2018.00572
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyt.2018.00572/full

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 10.9.2017
Aktualisiert am 30.12.2023

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