Begeisterung für den Job oder Arbeitssucht – wo ist der Unterschied?
Die Arbeit ist das Spielen des Erwachsenen, heißt es. Wer eine Arbeit hat, in der er aufgeht, in der sich ein Flow einstellt, der kann das gut nachvollziehen. Andere wiederum schleppen sich täglich zur Arbeit und tun sie nur des Geldes und der Sicherheit wegen. Wer keine Arbeit hat, kann darüber krank werden. Dann lieber doch eine Arbeit, die Freude bereitet. Doch wie kann man Arbeitssucht und Freude an der Arbeit unterscheiden? Wie bei jeder Sucht, soll auch bei der Arbeitssucht etwas verdrängt werden. Der Manager, der auf der Erfolgswelle reitet, vergisst so seine Minderwertigkeitsgefühle. Die vielbeschäftigte Managerin vergisst die leere Wohnung zu Hause, nachdem die Kinder ausgezogen sind. Entfällt die Arbeit, fühlt der Betroffene eine große Leere und wird unruhig.
Geliebte Arbeit kann man auch mal sein lassen, ohne dass einem etwas fehlt. Man kann die Ferien genießen, ohne unruhig zu werden. Doch die Grenzen von der Liebe zur Arbeit zur Arbeitssucht sind fließend. Eine große Bedeutung hat immer das Wort, das man für sich selbst wählt. Wichtig aber ist, was man fühlt. Man spürt, wenn man arbeitet, um eine tiefe Verzweiflung zu überdecken. Andererseits ist es schön, wenn man in schweren Lebensphasen eine Arbeit hat, die einem das Leben erleichtert und in der man Zuflucht findet.
Kaum in Rente und schon tot
Nicht wenige Menschen, die ihren Beruf mit Begeisterung ausüben, erhalten gleich nach der Pensionierung eine Krebsdiagnose und versterben rasch. Entfällt die Arbeit, kann auch der Lebenssinn schwinden. Manche überleben den Identitätswechsel nicht. „Arbeit war ihr Leben“ heißt es dann.
Andere wiederum blühen auf. Sie können sich endlich der Gartenarbeit, ihrem Sport und ihren Enkeln widmen. Wieder andere arbeiten einfach, bis sie im hohen Alter tot umfallen. Ob Arbeit Freude macht und man dadurch viel arbeitet oder ob sie vorwiegend eine Flucht vor etwas ist, das kann nur jeder selbst fühlen. Für viele Menschen ist sie auch ein gelungener Ersatz für Dinge, die sie in ihrem Leben nicht verwirklichen konnten.