Wenn Eltern sich trennen
Wenn sich Eltern kleiner Kinder trennen, tauchen immer wieder ähnliche Mechanismen auf: Der Vater sucht Halt, indem er bei Freunden schlecht über die Mutter spricht, die Mutter spricht bei ihren Freundinnen schlecht über den Vater. Die Mutter glaubt, der Vater sei psychisch krank (häufig lautet die Diagnose „Narzissmus“) und der Vater glaubt, die Mutter sei psychisch krank (die vermeintliche Diagnose: „Borderline“). Die Mutter muss dabei ein wenig schlimmer „krank“ sein, als der Vater, denn in der Regel lebt das Kind bei der Mutter und so müssen härtere Geschütze aufgefahren werden.
Die Mutter lässt sich provozieren
Häufig lassen sich die Mütter vom Vater provozieren und steigen in das dramatische Schauspiel ein: Sie werden „hysterisch“, was der Vater als Beweis ansieht, dass die Mutter krank sein muss. Unbewusst spielt hier jedoch auch ein masochistischer Triumph mit hinein. Wer sich bereits hilflos oder als Verlierer fühlt, der macht die Sache noch schlimmer, damit er wenigstens als maximaler Verlierer hervorgehen kann. Die Mutter mag also unbewusst so etwas in dieser Art denken: „Schlag mich doch (im übertragenen Sinne)! Dann kann ich der Welt gleich zeigen, wie schlecht du bist!“
Der Vater soll schachmatt gesetzt werden
Die Mutter sitzt auf der Lauer, um den Vater schachmatt setzen zu können. Macht der Vater Fehler? Kann man ihm etwas ankreiden? Umgekehrt ist es ebenfalls so. Im Extremfall beschuldigt die Mutter den Vater des sexuellen Missbrauchs. Es ist, als wollte der eine den anderen zerstören und als gäbe es kein Halten mehr. Beide Eltern fühlen ständig einen ungeheuren Bewährungsdruck. Während nicht-alleinerziehenden Müttern vielleicht mal die Hand ausrutscht, passen alleinerziehende Mütter so gut auf ihre Hände auf, dass sie bald ganz erschöpft sind.
Der gemeinsame Nenner ist die Angst
In Psychotherapien von Vätern und Müttern wird immer wieder deutlich: Die Angst ist der Motor vieler Handlungen. Es ist die Angst, das Kind zu verlieren. Die Angst, das Kind könnte dieselben schrecklichen Dinge in der Kindheit erleben wie man selbst. Die Angst, das Kind könnte nicht genug geliebt oder gefördert werden, es könnte sich nicht geborgen fühlen, es würde zu streng oder zu lasch erzogen. Die Angst, man könnte keinen Einfluss mehr haben oder man würde als Vater oder Mutter von der Bühne verdrängt.
Hilflosigkeit hat viele Gesichter
Sowohl der Vater als auch die Mutter fühlen sich ohnmächtig. Beide haben das Gefühl, zu kurz zu kommen. Beide glauben, dem anderen ginge es besser. Doch es geht beiden schlecht. Beide haben mit furchtbaren Gefühlen zu kämpfen und oftmals mit wiederauftauchenden Verletzungen aus der eigenen Kindheit. Beide sind oft einsam und finden wenig Halt. Und beide sind – jeder auf seine Art – unglaublich bemüht um das Kind. Wendet sich einer ganz ab, kann der andere das oft nicht verstehen: „Noch nicht mal dazu ist er/sie in der Lage!“, heißt es dann. „Depression“ oder „Resignation“ könnte man es auch nennen. Manchmal fühlt sich ein Elternteil wie betäubt und entzieht sich dem Geschehen.
Gute Menschen finden
In dem Wunsch, aus dem bedrohlichen Zweikampf mit dem anderen Elternteil auszusteigen, wenden sich viele an den Anwalt. Doch oft verschärft dieser Schritt nur die Situation. Wichtig ist es, zu verstehen. Immer und immer wieder zu verstehen. Sich selbst und den anderen. Das geht oft nur mit der Hilfe eines anderen Menschen, z.B. eines Psychotherapeuten, der ein tieferes Verständnis für die Situation hat. Die Mechanismen, die sich bei den Elternpaaren abspielen, sind immer wieder dieselben. Oft nur in anderen Farben und Stärken. Diese Mechanismen zu erkennen und zu durchschauen, kann oft entlasten.