Reaktive Bindungsstörung: Wenn Kinder jedem auf den Schoß springen

Bindungsstörungen, die innerhalb der ersten fünf Lebensjahre auftreten und mit einem häufigen Wechsel von Bezugspersonen und Vernachlässigung zusammenhängen, heißen „reaktive Bindungsstörungen“. Sie kommen dann vor, wenn Kinder früh misshandelt, vernachlässigt oder abgegeben werden, wenn sie die Familien wechseln müssen oder in einem Heim leben. in dem sie sich nicht wohlfühlen. Die Bindungsstörung zeichnet sich dadurch aus, dass die Kinder emotional instabil und ohne festen Bezug zu einer anderen Person sind. Es fällt ihnen schwer, mit anderen Kindern zu spielen. Sie sind entweder gehemmt, furchtsam und zurückgezogen oder sie verhalten sich „draufgängerisch“, aggressiv, wahllos freundlich oder distanzlos.

Wenn sich ein kleines Kind fast jedem Erwachsenen scheinbar furchtlos annähert, mit ihm sofort spricht, seine Hand nimmt oder rasch auf seinen Schoß will, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um ein bindungsgestörtes Kind handelt. Misshandlung und Traumatisierung sind mögliche Ursachen für das Verhalten.

Es gibt zwei Formen der reaktiven Bindungsstörung: die „gehemmte Form“ (ICD10: F94.1) und die „ungehemmte Form“ (F94.2).

Die betroffenen Kinder sind sehr unglücklich. Sie fühlen sich ständig missverstanden. rupfen sich mitunter die Haare aus (Trichotillomanie), schlagen mit dem Kopf gegen die Wand oder verletzen sich auf andere Weise. Manchmal greifen sie andere ganz unvermittelt an – sie treten und schlagen. Damit zeigen sie dem anderen, welchen Schmerz sie selbst fühlen. „Was, das tut Dir schon weh?“, fragt ein Junge seinen Therapeuten, nachdem er ihm plötzlich heftig gegen das Schienbein getreten hat. „Da kannst Du mal sehen, wie es mir geht: Die Schläge, die ich bekomme, sind noch viel schlimmer.“

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Links:

Karl Heinz Brisch, Bindungsforscher
www.khbrisch.de

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 22.6.2012
Aktualisiert am 6.6.2023

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